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Partyaffäre: noch eine
mysteriöse Buchung

Verband streicht Rabatt-Regelung für Mitarbeiter

Von Christian Althoff
Lemgo(WB). In der Partyaffäre um den Lippischen Landesverbandsvorsitzenden Joachim Bünemann (54, SPD) ist ein weiterer mysteriöser Buchungsvorgang bekanntgeworden.
Joachim Bünemann hat sich selbst beurlaubt.

Bünemann hatte zwei Privatpartys über die verbandseigene Hotel- und Gaststätten-Betriebsgesellschaft (HoGaBe) abgerechnet. Der damalige HoGaBe-Geschäftsführer Wilhelm Redecker hatte die Buchhaltung nach eigenen Angaben auftragsgemäß so manipuliert, dass Bünemann nichts bezahlen brauchte.
Der Kämmerer des Landesverbandes Lippe, Bernd Tiemann (53), hatte vor drei Jahren ebenfalls Essen für eine Geburtstagsfeier vom verbandseigenen Burghotel Blomberg bezogen. Dafür hatte er damals eine Rechnung über 4305 Euro erhalten und zwei Tage später bezahlt. Aus Anlass der Affäre Bünemann ließ Tiemann diese und andere Rechnungen jetzt mit der Buchhaltung der HoGaBe abgleichen - mit unerwartetem Ergebnis: In den HoGaBe-Büchern schlägt das Essen für den Kämmerer mit 5305 Euro zu Buche - 1000 Euro mehr, als berechnet worden waren. Die Differenz sei sechs Wochen später durch eine interne Gutschrift in der Buchhaltung ausgeglichen worden, sagte Tiemann gestern. Ihn habe das überrascht: »Das Angebot für mein Geburtstagsessen belief sich auf 4305 Euro - genauso viel, wie mir in Rechnung gestellt worden ist. Für mich war deshalb mit der Bezahlung alles erledigt.« Den Hintergrund der Buchungsmanipulation müsse nun die Staatsanwaltschaft aufklären, erklärte der Kämmerer.
Der kommissarische Verbandsvorsteher Hans-Joachim Niehage sowie die Fraktionen von CDU, SPD und Grünen wollen den Landesverband in ruhigeres Fahrwasser bringen, nachdem der Verband seit Wochen in der Öffentlichkeit »argwöhnisch beäugt« werde, wie Niehage sagte. Als ersten Schritt zur Vertrauensstärkung kündigte Niehage an, dass Mitarbeiter und Abgeordnete des Verbandes keine Rabatte mehr bekämen. Denn noch sieht eine Vereinbarung von 1974 vor, dass bei »dienstlich veranlassten« Essen und Übernachtungen die 198 Mitarbeiter des Landesverbandes Lippe, die Angestellten der Lippischen Landesbrand-Versicherung und die zwölf Verbandsabgeordneten im Hotel Zum Stern 25 Prozent und im Burghotel Blomberg 35 Prozent Rabatt erhalten. Es soll allerdings nicht immer geprüft worden sein, ob tatsächlich ein dienstlicher Anlass vorgelegen hat. »Deshalb wollen wir die Regelung ersatzlos streichen«, sagte Niehage. Außerdem haben die Fraktionen beschlossen, die Buchhaltung der HoGaBe aus den Jahren 2001 bis 2006 von einem externen Rechnungsprüfer durchleuchten lassen.
Ob Bünemann, der sich selbst beurlaubt hat, weiterhin sein Gehalt zusteht, will der Landesverband Freitag bei einem Gespräch im Innenministerium klären. Wilhelm Nagel, SPD-Fraktionsvorsitzender in der Verbandsversammlung: »Joachim Bünemann hat eingesehen, dass er einen Fehler gemacht hat. Es belastet ihn sehr.«

Artikel vom 31.10.2006