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Stadtwerke »heizen« fünf Robinien ein

Wurzeln beschädigen Fernwärmenetz am Niederwall - Fällwunsch Thema in Bezirksvertretung

Von Gerhard Hülsegge
und Hans-Werner Büscher (Foto)
Bielefeld (WB). Das Schicksal der Bäume am Niederwall/Höhe Siekerwall scheint besiegelt. Die Stadtwerke halten trotz Bürgerprotestes (wir berichteten gestern) an ihrem Plan fest, die fünf Robinien zu fällen, weil deren Wurzeln das Fernwärmenetz bereits beschädigt haben.

»Die Möglichkeit, die Fernwärmeleitung mit Wurzelschutzfolie vor Schäden zu bewahren, scheidet in diesem konkreten Fall aus«, erklärte Stadtwerke-Sprecher Wolfgang König gegenüber dem WESTFALEN-BLATT. Da die Leitung unmittelbar unter drei Bäumen verlaufe, sehe man keine Möglichkeit, die bisherigen Schäden zu beseitigen und nachträglich die Folie zu verlegen, ohne den Wurzelstock erheblich zu beschädigen.
»Auch bei den beiden anderen Robinien, die unmittelbar neben der Leitung stehen, müsste sehr stark in den vorhandenen Wurzelbereich eingegriffen werden«, begründete König die mit dem Umweltbetrieb (UWB) der Stadt abgestimmte, aber noch nicht terminierte Holzfällaktion. Danach würden auf jeden Fall Ersatzanpflanzungen vorgenommen.
Die Fernwärmeleitung in der Innenstadt ist 1967 verlegt worden. Die Bäume darüber nahe der Stadtbahn-Haltestelle »Landgericht« haben sich danach von selbst gesät. Beim Ortstermin im Juli waren Stadtwerke und Umweltbetrieb zu dem Ergebnis gekommen, dass die Bäume gefällt werden sollten. »Wir haben dem zugestimmt, weil eindeutig ein Schaden in großem Ausmaß festgestellt wurde«, sagte Petra Solscheid vom UWB. Und Uwe Eweler vom Geschäftsbereich Grünflächen bestätigte: »Ein Erhalt der Bäume ist aus fachlicher Sicht für uns kein Thema.« Käme es zu einem Schaden, müsste die Stadt finanziell haften.
Wie berichtet, hatten am vergangenen Wochenende die Vereine »1000 Bäume für Bielefeld« und »BI gegen B66n« gemeinsam mit der Wählergemeinschaft Bürgernähe gegen den Verlust weiteren Stadtgrüns protestiert. Ihrer Theorie, dass es Baumwurzeln stets zum Wasser, aber nie zur Hitze des Fernwärmesystems hin ziehe, widersprach Stadtwerke-Sprecher König im konkreten Fall: »Unsere Leitung ist isoliert, es entsteht also gar keine Hitze, sonst käme sie ja nicht beim Kunden an!«
Die Inspektion hatte ergeben, dass die Wurzeln der Robinien in den Beton-Haubenkanal eingedrungen sind und bereits zu Undichtigkeiten geführt haben. »Durch eindringendes Wasser wird die Isolation der Leitung geschädigt und die Leitung selbst der Korrosion ausgesetzt«, begründete König den akuten Handlungsbedarf. Kommenden Donnerstag, 2. November, wird sich die Bezirksvertretung Mitte mit dem Thema beschäftigen. Die Kommunalpolitiker tagen öffentlich ab 17.30 Uhr im Neuen Rathaus (Nowgorod-Raum). Bezirksvorsteher Hans-Jürgen Franz (SPD) will die Stadtwerke dabei zwar noch um eine Stellungnahme zum Thema »Wurzelschutzfolie« und eventuellen Mehrkosten bitten. Grundsätzlich ist er jedoch der Meinung: »Wir können uns nicht um jeden Baum streiten«.
Das Umweltamt der Stadt war an der fachlichen Beratung übrigens nicht beteiligt, weil die Baumschutzsatzung nicht mehr greift. Erst Anfang Juni waren vor dem Studieninstitut an der Rohrteichstraße zwei gesunde Linden gefällt worden.

Artikel vom 31.10.2006