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Elektro-Rocker Rod Droid bei seinem Auftritt im Falkendom.

Minimalistische Musik,
schräge Performance

»Kernkrach Festival« erstmals im Falkendom

Bielefeld (uj). Allein der Name, »Kernkrach Festival«, verdiente es, dass man einer Veranstaltung seine Aufmerksamkeit schenkte, die sich einer erstaunlich großen Zahl von Anhängern erfreute. Der Falkendom war am Samstagabend das Ziel von rund 200 Liebhabern brachial-minimalistischer Elektroklänge und schräger Performance-Kunst.

Für Bielefeld war es eine Premiere. Für das veranstaltende »Institut zur freundlichen Nutzung von Kernkrach« sowie für die Musiker und Fans eher ein freudiges Wiedersehen -Ê nach dem offenbar erfolgreichen Festival-Start 2004 in Warendorf und der zweiten Auflage im darauffolgenden Jahr.
Mit den Lokalmatadoren »Rasputeen«, dem französischen Elektro-Rocker »Rod Droid«, der Hamburger Band »Charles Lindbergh n. e. V.« sowie den »Human Puppets« aus Griechenland war das Festival ebenso international besetzt wie das Publikum. Neben Französisch wurde unter anderem Niederländisch und Englisch gesprochen. Selbst in einer slawischen Sprache wurde kommuniziert. Für viele Besucher gehört es augenscheinlich dazu, dass man auch optisch was hermacht und keinesfalls als graue Maus in der Masse versinkt.
Eine atmosphärische Besonderheit des »Kernkrach Festivals« ergibt sich dann noch aus dieser Mischung aus familiärer Ansprache auf der einen und zelebrierter Show auf der anderen Seite. Dafür sorgten schon die »Kernkrach«-Organisatoren mit ihren minimalistischen und banal-komischen Showeinlagen zwischendurch.
Auf musikalischer Seite hielt man's im Allgemeinen mit dem Credo »minimaler Einsatz musikalischer Mittel bei maximaler Lautstärke«. Am Computer generierte Klang-Geräusch-Collagen wurden während des Auftritts zumeist live noch einmal über Regler und Synthesizer moduliert. Versehen mit einer hämmernden Basslinie entsteht ein Sound, der zwischen Krach oder Musik nur schwer einzuordnen ist.
So gewöhnungsbedürftig der Klang, so außergewöhnlich die Performances, die offenbar zum festen Bestandteil der Show gehören und in enger Verzahnung mit inhaltsleeren Texten die eigene Branche karikieren und ihre hohle Phrasendrescherei liebevoll aufs Korn nehmen. »Rasputeen« brachte es diesbezüglich zu wahrer Meisterschaft, reichte passend zu den Songs Leberwurstschnittchen und Getränke und überzeugte durch die schrillsten Outfits und Aktionen. Wie Minus und Minus Plus ergibt, so ergibt der größte Blödsinn manchmal Sinn. Und das wurde ausgiebig gefeiert und honoriert.

Artikel vom 31.10.2006