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Poetisch und eindringlich

Schriftstellerin Ilse Aichinger wird morgen 85 Jahre alt

Wien (dpa). Ihre Stimme ist leise und brüchig, auch ihre Texte wirken wie geflüstert, poetisch und eindringlich. Schon als Kind hat sie es »als eine absurde Zumutung empfunden, plötzlich vorhanden zu sein«, sagt Ilse Aichinger. Morgen wird die Schriftstellerin 85 Jahre alt.

Ihre Existenz hält sie für »völlig unnötig«. Doch die zurückgezogen lebende Autorin aus Wien hat die Gegenwartsliteratur um wichtige Werke bereichert. Bereits mit ihrem ersten Roman »Die größere Hoffnung« schuf sie sich Beachtung als Meisterin der leisen Töne und als Mahnerin für Toleranz.
Geboren wurde Ilse Aichinger in Wien als Tochter einer jüdischen Ärztin und eines Lehrers. Nach dem Krieg begann sie ein Medizinstudium, das sie abbrach, um ihren Roman »Die größere Hoffnung« niederzuschreiben. 1951 wurde Aichinger erstmals von der »Gruppe 47« eingeladen und 1952 für die Erzählung »Spiegelgeschichte« ausgezeichnet. Bei Tagungen lernte sie Paul Celan und den Lyriker und Hörspielautor Günter Eich kennen, den sie 1953 heiratete. Mit ihm zog sie nach Bayern und bekam zwei Kinder. Als wichtigste Werke entstanden Hörspiele (»Knöpfe«) und Erzählungen (»Eliza, Eliza«, 1965 oder »Kleist, Moos, Fasane«, 1987) sowie Gedichte (»Verschenkter Rat«, 1978). Gleichzeitig arbeitete sie als Lektorin. Sie erhielt mehrere Auszeichnungen, unter anderem den Kafka-Preis und den österreichischen Staatspreis für Literatur. Seit 1988 lebt sie wieder in Wien. Zuletzt erschien im S. Fischer Verlag der Fotoband »Ilse Aichinger. Ein Bilderbuch von Stefan Moses«, der Aufnahmen der Autorin mit Texten verbindet.

Artikel vom 31.10.2006