10.11.2006 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Ein Blick auf die Außengrenzen mag helfen

Wir sprechen über unterschiedliche Kulturkreise: die Türkei gehört nicht in die EU


Zum Thema EU/Türkei:
Mit Interesse habe ich den Artikel über den vergleichsweise niedrigen wirtschaftlichen Rang und den rasanten Bevölkerungszuwachs der Türkei sowie den zugehörigen Leitartikel vom 22. Oktober 2006 gelesen. Die Schlussfolgerungen fallen meines Erachtens sogar noch sehr moderat aus. Denn mit den letzten Neuaufnahmen wurde die EU nun endgültig überdehnt, und es kann nicht überraschen, dass es den Bürgern zunehmend schwerer fällt, sich damit zu identifizieren.
Im Hinblick auf die Türkei wäre es allen Beteiligten, auch den Türken gegenüber, nur fair, endlich einzuräumen, dass dieses Land eben nicht nach Europa gehört. Ein Blick auf die Karte (und die Außengrenzen!) mag denen helfen, die das noch immer bestreiten.
Es wäre deshalb kein Affront, sondern endlich einmal ehrlich, würde man den geografischen und politischen Gegebenheiten wie dem wachsenden Widerstand in den EU-Mitgliedsstaaten Rechnung tragen und der Türkei die Möglichkeit einer allmählichen Modernisierung und wirtschaftlichen Entwicklung ohne Überforderung von weiten Teilen der Bevölkerung bieten. Auch dort scheint sich im übrigen eine europa-skeptische Haltung zu verfestigen. Was nicht zusammengehört, kann auch nicht zusammenwachsen. Es wäre besser, das nicht mit faulen Kompromissen auf Biegen und Brechen herbeiführen zu wollen. Denn wir sprechen über unterschiedliche Kulturkreise.
Ein Affront ist es allerdings, wenn der türkische Regierungschef Erdogan meint, dass die Europäer unter sich bleiben sollten, wenn sie unbedingt einen »Christenklub« wünschten. Man hätte das aufgreifen und ihm entsprechend antworten sollen. Stattdessen geht der Eiertanz weiter. Es wird »ergebnisoffen« verhandelt, und in zehn Jahren sehen wir weiter. Wirklich? Wer glaubt ernsthaft, dass es dann noch politisch möglich sein wird festzustellen, dass es leider doch nicht geht.
Lassen wir uns nicht täuschen - wenn es das strategische Ziel ist, den ersten vollislamischen Staat in Europa zu verankern, dann wird dies mit aller Kraft (und entsprechendem »Sendungsbewusstsein« der beteiligten Kräfte) verfolgt. Es liegt auch an uns, ob es so weit kommt.
Außengrenzen unter anderem mit dem Irak, Iran und Syrien, eine nicht kompatible Volkswirtschaft mit allen daraus resultierenden Problemen, innerstaatliche Spannungen (zum Beispiel die Kurdenfrage), die dann zu europäischen Problemen werden, und religiös getriebene politische Kräfte, die sich früher oder später im europäischen Parlament, und nicht nur dort, finden werden. Dazu ein Demokratie- und Menschenrechtsverständnis, welches auf absehbare Zeit nur schwer in Einklang mit unserem gesellschaftlichen Wertebild zu bringen sein wird:
Wir sollten uns fragen, ob das in unserem (insbesondere auch nationalen) Interesse liegt. Ich meine nicht und wünsche es meinen Kindern auch nicht. Je eher wir das einräumen, desto besser. Es wäre auch nur fair gegenüber der türkischen Bevölkerung, wenn das das jahrzehntelange »Ja-Aber« endlich ein Ende hätte.
HARTMUT FREISE32427 Minden

Artikel vom 10.11.2006