28.10.2006 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Auf den Lebensspuren
eines Weltensammlers

Autor Ilija Trojanow spürte Richard Francis Burton nach


Bielefeld (bp). Sein »Held« ist ein Weltensammler. Autor Ilija Trojanow eiferte diesem seinem Helden nach und wurde ebenfalls auf seiner Recherchetour zum Weltensammler. »Der Weltensammler« heißt das Buch, das Trojanow im Rahmen der Literaturtage in der Stadtbibliothek vorstellte.
Der »Held« ist Richard Francis Burton (1821-1890), der in den britischen Kolonien nicht den englischen Lebensstil pflegt, sondern die Sprachen des Landes lernt, mit einer Kurtisane in Indien lebt, später zum Islam konvertiert, unerkannt nach Mekka pilgert und als erster Europäer zu den Quellen des Nils.
Seine erste Begegnung mit dem Exzentriker habe er gehabt, als er zehn Jahre alt gewesen sei, erzählt Trojanow: »In einem Buch über berühmte Entdecker faszinierte mich die Illustration eines arabisch gekleideten Mannes mit wilden Gesichtszügen und strengen Augen - die von Richard Francis Burton.«Trojanow machte sich als Erwachsener auf, in Burtons Fußstapfen zu recherchieren: Indien, Tansania und Arabien. Er lebte in Bombay und Baroda, in einem Zeltlager von Eremiten am Ganges und durchquerte auf einem Kamel die Thar-Wüste im indo-pakistanischen Grenzgebiet. Tansania durchwanderte er, »um die Langsamkeit des damaligen Reisens nachempfnden zu können«. Ein Jahr lang habe er sich schließlich auf die Pilgerreise nach Mekka und Medina vorbereitet. Trojanow schrieb ein Buch von orientalischer Fabulierlust, er erzählt darin vom Abenteuer des Fremden und zeigt gleichzeitig, wie wenig der Westen bis heute von den Geheimnissen und der Dynamik jener anderen Welt begriffen hat.
Für Klaus-Georg Loest, stellvertretenden Bibliotheksleiter, passte das Buch darum haargenau zum Motto der Literaturtage: »Die Ferne - so nah!« Der »Weltensammler« spiele in zeitlicher Ferne, eben vor 150 Jahren, gleichzeitig aber gebe es Beziehungen zum Heute.
Letzter Gast der Literaturtage 2006 ist am Montag, 30. Oktober, 20 Uhr, György Konrád (67). Der Romancier und Essayist stellt »Sonnenfinsternis auf dem Berg/ Glück« in der Zentralbibliothek vor.

Artikel vom 28.10.2006