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Fotos doch keine Einzelfälle

Totenschändungen in Afghanistan: Jung entlässt zwei Soldaten

Berlin (Reuters). Zwei Tage nach Bekanntwerden der Totenschändungen durch deutsche Soldaten in Afghanistan hat die Bundeswehr erste personelle Konsequenzen gezogen. Verteidigungsminister Franz Josef Jung suspendierte am Freitag zwei der beteiligten Soldaten und kündigte ihre Entlassung an.
Schweres Amt: Verteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU).
Zugleich weitete sich der Bundeswehr-Skandal um obszöne Fotos mit Skelett-Teilen in Afghanistan aus. Die »Bild«-Zeitung kündigte die Veröffentlichung weiterer Fotos an. Verteidigungsminister Jung sagte in Berlin, bei den suspendierten Soldaten handele es sich um Bundeswehr-Angehörige, die 2003 an Totenschändungen beteiligt waren. Wie Jung weiter berichtete, wurden in dem am Vortag neu bekannt gewordenen Fall von Leichenschändung aus 2004 bislang drei Tatverdächtige ermittelt. Die Männer sollen vom Panzergrenadier-Bataillon 182 in Bad Segeberg (Schleswig-Holstein) sein.
Jung kündigte die Entsendung des Beauftragten für Erziehung und Ausbildung der Bundeswehr nach Afghanistan an. Zudem sei Generalinspekteur Wolfgang Schneiderhan angewiesen, sowohl die Ausbildung der Soldaten als auch die Dienstaufsicht in der Truppe zu überprüfen. Die Ausbildung müsse womöglich stärker auf die psychologische Belastung der Soldaten ausgerichtet werden.
Die Darstellung, bei den am Mittwoch erstmals veröffentlichten Fotos handele es sich um Einzelfälle, ist offenbar nicht haltbar. Die »Bild«-Zeitung kündigte am Freitag den Abdruck weiterer Fotos an. Dem Blatt liegen Dutzende neue Bilder aus Afghanistan vor, auf denen Bundeswehrsoldaten unter anderem eine Hinrichtungsszene an einem Skelett nachgestellt haben sollen. Auf den Fotos sei unter anderem zu sehen, wie ein Soldat einem aus verschiedenen menschlichen Knochen zusammengesetzten Skelett »in der Art einer Hinrichtungsszene eine Pistole an den Totenschädel hält«. Auf einem anderen Foto sei einem Totenschädel ein Bundeswehr-Barett aufgesetzt worden.
Unterdessen scheint der Entstehungsort der Bilder geklärt. »Nach unseren bisherigen Ermittlungen handelt es sich um einen Ort, der in der Nähe von Kabul ist, auch nicht weit entfernt von Camp Warehouse«, dem deutschen Feldlager, erklärte ein Sprecher des Verteidigungsministeriums. Der »Bild«-Zeitung sagte ein mutmaßlich beteiligter Soldat, es handele sich um eine Lehmgrube nahe Kabul. Bei den geschändeten Leichenteilen handelte es sich möglicherweise um die sterblichen Überreste russischer Soldaten. An der Stelle der Leichenfunde befänden sich auch russische Panzerwracks.
Seite 4: Hintergrund
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Artikel vom 28.10.2006