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Von Michael Schläger

Bielefelder
Optik

Selbstblockade


Es waren aufregende Rathaus-Jahrzehnte. Die 70er Jahre, als in Bielefeld um die Stadtsanierung gerungen wurde, die 80er, als ein erbitterter Schulstreit ausbrach, die 90er, als es um die Teuto-Therme ging oder die Deponie Laar. Inzwischen fehlen der Kommunalpolitik die großen Themen. Alles scheint dem Geldmangel untergeordnet.
Fehlende politische Handlungsspielräume aufgrund der Haushaltsbeschränkungen hat denn auch in dieser Woche die stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Gabriele Schäfers-Wieneke neben persönlichen Erwägungen als einen der Gründe benannt, weshalb sie ihr Ratsmandat niederlegen will.
In der Tat ist es frustig, unendlich viel Zeit in die Gremienarbeit zu investieren, ohne dass am Ende Nennenswertes dabei herauskommt. Auf der anderen Seite können fehlende finanzielle Spielräume keine Rechtfertigung für eine langweilige Politik sein.
Gerade wenn die Mittel fehlen, müssen intelligente Lösungen gefunden werden, wie es weitergehen soll. Dazu kann ein Vorschlag wie der der FDP-Vertreter in den Bezirksvertretungen Schildesche, Jöllenbeck und Dornberg aus dieser Woche gehören, ihre Bezirke zu einem handlungsfähigeren »Nordwest-Bezirk« zusammenzuschließen. Natürlich zielen die Liberalen mit ihrer nicht ganz neuen Idee auf den öffentlichen Effekt. Sie legen aber auch den Finger in eine seit vielen Jahren klaffende Wunde. An eine sinnvolle Reform der Stadtbezirke traut sich die große Mehrheit im Rat nach wie vor nicht heran.
Aber auch im Tagesgeschäft hakt es. Drei Wochen vor der entscheidenden Ratssitzung im November steht noch immer nicht fest, ob es nun zu einem Ergebnisabführungsvertrag zwischen der Stadt und ihrer Tochter Stadtwerke kommen wird. Wenn es gute Gründe gegen ein solches Steuersparmodell gibt, soll man sie benennen, und die Sache ist vom Tisch. Gibt es sie nicht, soll man den Vertrag unter Dach und Fach bringen und nicht endlos weiter darüber debattieren.
Die Politik, so entsteht für Außenstehende der Eindruck, blockiert sich in diesen Tagen selbst. Dabei hat sie jetzt, zur nahenden Halbzeit der laufenden Wahlperiode, die letzte Chance, mit Perspektive und ohne Druck zu arbeiten.

Artikel vom 28.10.2006