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Die hohe Kunst
der Manipulation

Positionen der analogen Fotografie im Waldhof


Bielefeld (uj). Allen Unkenrufen zum Trotz geht von der Digitalisierung der Fotografie und den damit verbundenen Manipulationsmöglichkeiten offenbar ein kreativer Impuls aus, von dem auch die analoge Fotografie profitiert. In der neuen Ausstellung »Out Of The Camera -Ê Analoge Fotografie im digitalen Zeitalter« präsentiert der Kunstverein sieben künstlerische Positionen im Museum Waldhof.
Die von dem Berliner Kunsthistoriker Lars Mextorf kuratierte Ausstellung umfasst Arbeiten, die allesamt den fotografischen Prozess ohne Rückgriff auf digitale Verfahren beeinflussen. Die Verfahren reichen von der Veränderung des fotografischen Objekts über die regelwidrige Verwendung des Apparates oder Filmmaterials bis zu einem manipulierten Reproduktionsprozess.
Stefanie Schneider führt mit ihren kalifornischen Ansichten, die sie auf abgelaufenem Polaroiedfilm festhält, die Brüchigkeit des amerikanischen Traums vor.
Die durch Unterbelichtung des Fotopapiers aufgehellten Ansichten alpiner Landschaften lassen die Personen stark und unwirklich aus ihrem Umfeld hervortreten. »Walter Niedermayr thematisiert damit den fehlenden Bezug der Menschen zu ihrer Umgebung«, sagt Mextorf.
Dunja Evers Weltraumszenen sind mit einzelnen Frames aus Filmstreifen ausgeführte Mehrfachbelichtungen auf Fotopapier.
Die großformatigen Bilder von Vera Lutter thematisieren den Raum, indem sie Außenansichten in zur Lochkamera umfunktionierten Zimmern aufnimmt. Bei Oliver Bobergs Aufnahmen von hyperrealistischen Architekturmodellen der städtischen Peripherie wird anders als bei Fotografien von realen Ansichten nicht etwas Hässliches durch die fotografische Komposition ästhetisiert, sondern umgekehrt die Mutwilligkeit des standardisierten Mittelmaßes offengelegt. Milos Gaáls konstruiert erscheinende Stadtansichten dagegen erweisen sich als real. Und die Kombination von Fotoprojektion und bewegtem, im Bild schattenwerfenden Objekt bei Wolfgang Plöger schafft eine paradoxe Gleichzeitigkeit von fotografisch konserviertem Ereignis und aktueller Veränderung.
Ausstellung und Katalog (17 Euro) sind ein Kooperationsprojekt mit dem Forschungsbereich »Fotografie und Medien« der FH.
Die Ausstelung wird heute, 19 Uhr, eröffnet und läuft bis zum 22. Dezember.

Artikel vom 27.10.2006