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Der brummelige Typ spricht jetzt hochdeutsch

Das Musical um die »13 1/2 Leben des Käpt'n Blaubär« hatte in Köln erfolgreich Premiere


Köln (dpa). Käpt'n Blaubär ist jetzt Musicalstar - oder hat der alte Geschichtenerzähler das nur wieder erlogen? Es fällt jedenfalls schwer zu glauben, dass er's wirklich ist. In der Musicalfassung seiner »13 1/2 Leben«, die am Donnerstagabend in Köln Premiere hatte, wird der Lügenbär von einem gut aussehenden Nachwuchssänger dargestellt. Er hat keine Bärenschnauze mehr, sondern ein Menschengesicht und statt mit der bärbeißigen Stimme von Wolfgang Völz Hamburgerisch zu näseln, spricht er Hochdeutsch.
Der Erfinder des Käpt'n, Walter Moers, soll sich lange gegen eine Bühnenfassung seines Bestsellers gesträubt haben, und nun sieht man, warum. Die Uraufführung des »wahrscheinlich erlogensten Musicals der Welt« im eigens dafür entworfenen Zelttheater war zwar umjubelt, aber es waren durchweg Erwachsene, die da klatschten. Die Kinder im geladenen Publikum konnte man an ein paar Händen abzählen. Nun sagen die Macher zwar, das Ganze sei auch für Erwachsene gedacht, aber das müssen dann wirklich - wie es in solchen Fällen heißt - sehr »jung gebliebene Erwachsene« sein.
Der versponnene Humor der Moersschen Fantastereien von Tratschwellen, Rikschadämonen und gemeinen Stollentrollen lässt sich nur schwer auf die Musicalbühne übertragen - alles ist dort drei Mal so dick aufgetragen wie in der Buchvorlage. Gleichzeitig fehlt dem Spektakel der Charme der WDR-Puppenspiele, die Käpt'n Blaubär in den 90er Jahre zu seiner großen Anhängerschaft verholfen haben. Im Musical ist die Handlung zu verworren, die Vielzahl der Figuren zu schwer zu überblicken, als dass Kinder dem folgen könnten. Beeindruckend sind allerdings einige Effekte, die man auf der Musicalbühne so noch nicht gesehen hat. Auch die Songs gehen ins Ohr, und das Ensemble ist eine muntere Truppe.

Artikel vom 28.10.2006