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Der Anzug für Dürkopp Adler passt

Manager Alfred Wadle und Ying Zheng: Es gibt derzeit keinen Veränderungsbedarf

Bielefeld (WB). Die Belegschaft des Stammwerks von Dürkopp Adler hat schwere Zeiten hinter sich. Personal wurde in großer Zahl abgebaut. Die Rosskur hat sich gelohnt, sagen die Vorstände Alfred Wadler und Ying Zheng im Gespräch mit Bernhard Hertlein. Der Standort Bielefeld sei international konkurrenzfähig.
Alfred Wadle, Nachfolger von Werner Heer an der Spitze der Dürkopp Adler AG, ist seit 15 Jahren in der Nähindustrie. Bis 2003 arbeitete er für den Pirmasenser Konkurrenten Pfaff. In Bielefeld begann er seine Karriere als Leiter des Minerva-Werks in Boskovice. Ying Zheng, Vertreterin des ShangGong-Konzerns, war vorher im Management des Kopiergeräteherstellers Xerox in Schanghai. Foto: Hans-Werner Büscher

Gibt es aus Sicht des chinesischen Eigentümers Überraschungen -Êpositive oder negative -Êseit der fast vollständigen Übernahme von Dürkopp Adler?Ying Zheng: Die Übernahme zog sich über drei Jahre hin. In dieser Zeit haben wir Dürkopp Adler intensiv geprüft. Daher haben wir auch keine Überraschung erlebt.

Was ist im Alltag eines deutschen Unternehmens anders als in China?Ying Zheng: Es wird Sie erstaunen. Aber im Alltag gibt es keine Unterschiede.

Was schätzt der chinesische Eigentümer an der Produktion und Arbeitsweise in Deutschland?Ying Zheng: Die Präzision. Zudem zeichnet sich die Fertigung in Bielefeld durch große Effizienz, Flexibilität und Kundenorientierung aus -Êalles Grundbedingungen für Hochtechnolgie. Im Schanghaier Werk werden dagegen Standardmaschinen gefertigt.

Ich könnte mir vorstellen, dass Sie die Arbeitszeit in Bielefeld verlängern wollen. . . Ying Zheng: Wir halten uns an die deutschen Gesetze und an die Vereinbarungen mit dem Betriebsrat.

Wie viele deutsche Mitarbeiter haben schon Chinesisch gelernt?Ying Zheng: Mancher kennt ein paar Begriffe. Aber es ist nicht wirklich notwendig, dass die Mitarbeiter hier Chinesisch lernen. Wie in vielen internationalen Konzernen so ist auch bei Dürkopp Adler die Managementsprache Englisch.
Alfred Wadle: Dabei ist Chinesisch einfacher als Tschechisch, wie ich bei meiner Tätigkeit bei der Dürkopp-Tochter Minerva in Boskovice feststellen musste.

In den vergangenen Jahrzehnten hat sich der größte Teil der Welttextilproduktion nach Asien verlagert. Wird diese Entwicklung anhalten?Alfred Wadle: Im Augenblick kommen 70 Prozent der Bekleidung aus Asien. Ich rechne damit, dass dieser Anteil noch steigt, aber natürlich nicht mehr in der bisherigen Geschwindigkeit. Neben China werden vor allem indische und vietnamesische Hersteller zulegen. Außer für Bekleidung braucht man Nähmaschinen auch für Ledersachen und Autositze. Hier spielt die Musik ebenfalls in Asien. Deshalb ist es wichtig, dass wir vor Ort dabei sind.

Geht Dürkopp Adler davon aus, dass auch in Europa weiter Bekleidungsstücke genäht werden?Alfred Wadle: Natürlich. Vor allem Osteuropa, aber auch Italien, Frankreich und Deutschland werden ihre Bedeutung für Qualitätsprodukte und für flexible Nachlieferungen behalten.

Wie sieht in diesem Zusammenhang die Zukunft des Standortes Bielefeld aus?Ying Zheng: Nachdem Dürkopp Adler in den vergangenen Jahren kräftig umgebaut worden ist, planen wir aktuell keine weiteren Veränderungen. Bielefeld ist gut organisiert und hat jetzt auch die richtigen Produkte.
Alfred Wadle: Auch bei der Mitarbeiterzahl gibt es keine Notwendigkeit für Veränderungen. In Deutschland ist die Fertigungstiefe größer als anderswo. Das kostet Geld; aber dadurch können wir Qualität sichern.

Bleibt auch die Fördertechnik ein integrierter Bestandteil des Unternehmens?Alfred Wadle: Wir sind glücklich mit der Fördertechnik. Strategie, Marktposition und auch die Resultate stimmen. Daher gibt es keinen Bedarf, irgendetwas zu ändern.

Und wie sieht es mit den anderen Produktionsstätten in Europa aus?Alfred Wadle: Die tschechische Minerva ist mit 700 Mitarbeitern nicht nur unsere größte Produktionsstätte, sondern auch federführend für die Autositze- und Schuh-Nähmaschinen. Hier ist unsere Marktposition besonders gut. Das rumänische Werk wird für arbeitsintensive Produktionen genutzt. Sie leiden derzeit währungsbedingt unter der Schwäche des US-Dollars. Um konkurrenzfähig zu bleiben, ist es deshalb derzeit möglich, dass ein Teil der Fertigung von Rumänien nach China abwandern wird.

Und was plant Dürkopp Adler in naher Zukunft in China?Alfred Wadle: Im Augenblick sind wir dabei, in einem Joint Venture mit dem Hauptanteilseigner ShangGong in Schanghai eine Produktion von Standard-Nähmaschinen aufzubauen. Zum Start werden dort 300 Mitarbeiter eingestellt. In Dalian an der Grenze zu Korea fertigen bereits 21 Mitarbeiter in einem Joint Venture besondere Nähmaschinen etwa für Knopflöcher. Dazu kommen noch gemeinsame Unternehmungen im Vertrieb. Der Aufbau weiterer Produktionen ist derzeit nicht geplant.

Plant ShangGong noch weitere Akquisitionen in Europa?Ying Zheng: Derzeit nicht.

Artikel vom 28.10.2006