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Bau-Frühling mitten im Herbst

Creditreform befragte 700 mittelständische Firmen -ÊOWL setzt sich ab

Von Bernhard Hertlein
Bad Oeynhausen (WB). Die Konjunktur entwickelt sich in Ostwestfalen-Lippe wie das Wetter. »Mitten im Herbst herrscht plötzlich Frühling«, freute sich gestern Ingolf Dorff, Geschäftsführer der Creditreform Minden, bei der Vorstellung der neuesten Konjunkturanalyse in Bad Oeynhausen.

Bemerkenswert an der Studie, die auf den Angaben von mehr als 700 mittelständischen Unternehmen mit nicht mehr als 500 Beschäftigten basiert, ist der deutlich größer gewordene Abstand zwischen OWL und Gesamt-Deutschland. Während vor einem Jahr in beiden Regionen genau 30,6 Prozent der Firmen ihre derzeitige Geschäftslage als »gut« oder sogar »sehr gut« einstuften, so stieg dieser Anteil in Deutschland auf 43,1, in OWL aber sogar auf 47,4 Prozent. Am erstaunlichsten ist die Entwicklung am Bau. Das langjährige Schlusslicht erstrahlt plötzlich in der Konjunktursonne. Der Anteil derer, die ihre Geschäftslage als gut oder sehr gut bewerten, stieg in Deutschland von 23,6 auf 37,9 Prozent. In Ostwestfalen-Lippe aber katapultierte er sich von 18,4 auf 54,5 Prozent. »Wer derzeit auf einen Bauhandwerker wartet, weiß, wie stark die Konjunktur brummt«, erklärte Dorff.
Ursache der anspringenden Baukonjunktur ist nach Ansicht der Fachleute von Creditreform das jahrelange Ausbleiben von Investitionen. Zudem habe sich die Branche »gesundgeschrumpft«.
Der Anteil derer, die mit ihrer Geschäftslage augenblicklich sehr zufrieden sind, erhöhte sich OWL-weit im verarbeitenden Gewerbe von 32,2 (Deutschland: 32,9) auf 48,1 (50,9) Prozent, im mittelständischen Handel von 28,7 (22,9) auf 40,0 (33,0) Prozent und im Dienstleistungsgewerbe von 36,5 (34,8) auf 50,0 (45,0) Prozent. Die frühlingshafte Entwicklung spiegelt sich sogar in der Beschäftigtenzahl. 42,1 (Deutschland: 24,8) Prozent der ostwestfälisch-lippischen Baufirmen haben ihre Belegschaft im vergangenen Jahr vergrößert. Insgesamt haben 35,0 Prozent der Betriebe das Personal in OWL erweitert, 58,5 Prozent ließen es unverändert und nur 6,5 (Vorjahr: 22,4) Prozent haben Mitarbeiterstellen abgebaut. Nach Angaben von Günter Laue (Creditreform Herford) sind in diese Statistik auch befristete neue Arbeitsverhältnisse sowie Überlassungen von Zeitarbeitsfirmen aufgenommen.
Die Dynamik schwindet etwas, wenn die Firmen nach ihrer Einschätzung der künftigen Entwicklung gefragt werden. Eine weitere Steigerung erwarten in OWL 38,0 (Vorjahr: 26,2) und in Deutschland 31,9 (22,6) Prozent. Die Mehrzahl glaubt an eine stabile Nachfrage. Trotz höherer Mehrwertsteuer sind nur 8,5 (Deutschland: 13,4) Prozent so skeptisch, dass sie 2007 rückläufige Umsätze befürchten. Eine gewisse zurückhaltende Bewertung ist nach Ansicht von Udo Roggenbruck (Creditreform Bielefeld) gerade in Ostwestfalen »ganz normal«. Unternehmer träten hier lieber etwas bescheidener auf, um dann mit besseren Zahlen überraschen zu können.
Schlechte Nachricht für die Verbraucher: Nicht zuletzt der Handel will die Konjunktur nutzen, um gestiegene Energie- und Rohstoffpreise an die Kunden weiterzugeben. Jedes dritte Unternehmen plant eine deutliche Preissteigerung von mindestens fünf Prozent.
Die Wirtschaftsauskunftei Creditreform betreibt in Ostwestfalen-Lippe fünf Geschäftsstellen (250 Beschäftigte). Die Filialen Herford und Minden sind seit dem 18. September in Bad Oeynhausen vereint. Seite 4: Kommentar

Artikel vom 25.10.2006