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Bombe explodiert auf A3

Bauarbeiter tot -ÊBlindgänger blieb mehr als 50 Jahre lang unentdeckt

Aschaffenburg (dpa/WB/wosch). Bei einer Bombenexplosion auf der Autobahn A3 bei Aschaffenburg ist gestern ein Arbeiter ums Leben gekommen.Am Rande der Autobahn liegt die zerstörte tonnenschwere Fräse. Der Bauarbeiter am Steuer wurde bei dem Unglück getötet. Foto: dpa

Die Fünf-Zentner-Fliegerbombe aus dem Zweiten Weltkrieg detonierte, als ein 46-jähriger Bauarbeiter mit einer Fräsmaschine den Untergrund zur Verbreiterung der Fahrbahnen auflockern sollte. Wrackteile des viele Tonnen schweren Arbeitsgeräts wurden mehr als 500 Meter weit durch die Gegend geschleudert. Auf der Autobahn vorbeifahrende Fahrzeuge wurden ebenso getroffen wie zwei Wohnhäuser. Der Bauarbeiter war sofort tot, mehrere Kollegen sowie Autofahrer erlitten einen Schock.
»Die Wucht der Explosion riss einen 2,50 Meter tiefen und acht Meter breiten Krater in den Untergrund«, sagte ein Polizei-Sprecher. Die Autobahndirektion Nordbayern vermutet, dass der Blindgänger beim Bau der Autobahn Frankfurt-Würzburg in den 50er Jahren übersehen wurde. Wegen der geringeren Leistungsfähigkeit der Bagger habe man damals nur den Oberboden weggeschoben statt bis zum soliden Unterboden zu graben. Dadurch sei damals offenbar an der Bombe vorbeigebaggert worden. Vieles deute darauf hin, dass der Blindgänger schon vorher dort gelegen hat.
Beim Bau der Autobahn im Jahr 1956 habe man nur 80 Zentimeter tief gegraben. Heutzutage werde aber beim Autobahnbau lockerer Unterboden bis zu einer Tiefe von 1,50 Meter ausgebaggert; dies sei auch auf der Baustelle zwischen den Anschlussstellen Aschaffenburg-Ost und -West der Fall. Millionen von Fahrzeugen müssten demnach in den vergangenen 50 Jahren über die Bombe gefahren sein.
Die bei der Explosion in zwei Teile gerissene Fräse hatte die Aufgabe, den aufgegrabenen Boden zu lockern und ein Kalk-Zement-Gemisch einzufräsen. Zusammen mit Wasser bilde sich daraus eine Art Primitiv-Beton, auf dem dann die neue Fahrbahn stand- und frostsicher aufgebaut werden könne.
Das Unglück sorgte auf der viel befahrenen Autobahn für ein Verkehrschaos. Während der fünfstündigen Vollsperrung wurde der Fernverkehr weiträumig umgeleitet. Dennoch bildete sich in jede Fahrtrichtung ein Stau von mehr als 20 Kilometern. Erst am späten Nachmittag war die wichtige Ost-West-Verbindung wieder frei.
Im Erdreich verborgene Bomben aus dem Zweiten Weltkrieg bergen nach wie vor große Gefahren. Allein in Westfalen-Lippe werden jährlich noch 130 bis 150 Blindgänger entdeckt und entschärft. »Das Auftragsvolumen lässt nicht nach«, sagte gestern ein Sprecher des Kampfmittelräumdienstes in Arnsberg im Gespräch mit dieser Zeitung. Doch die Bergung werde immer schwieriger, da die Fundorte vermehrt in Innenstädten lägen. Sie würden oft entdeckt, wenn in den 50er und 60er Jahren gebaute Häuser abgerissen würden. Damals habe man noch nicht die Möglichkeiten der Ortung gehabt, die heute zur Verfügung ständen. Das tödliche Unglück auf der Autobahn 3 ist bester Beweis dafür.

Artikel vom 24.10.2006