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»Es ist noch nichts passiert«

Bayern Münchens Trainer Felix Magath und sein Anti-Druck-Konzept

Von Klaus Lükewille
München (WB). Die Hände steckten tief in den Hosentaschen. Das sollte bewusst lässig aussehen. Die Stimme summte in einer Tonlage. Der Blick durch die Brille war streng. Was wollt ihr überhaupt? So stellte sich Felix Magath nach dem 1:3 in Bremen seinen Kritikern: »Es ist doch noch nichts passiert.«

Ein bisschen schon. Immerhin hatte der deutsche Fußball-Rekordmeister gerade sein drittes Auswärtsspiel in Folge verloren. Das gab's noch nie unter seiner Regie. Und was sagte Magath? »Dieses Ergebnis interessiert doch in sechs Wochen keinen Menschen mehr.« Magaths Masche: Wenn seine Mannschaft schon so schwach gespielt hatte, dann wollte er nicht auch noch drauf hauen.
Dafür sind in München ohnehin andere Herren zuständig. Der Präsident Franz Beckenbauer und der Vorstandsvorsitzende Karl-Heinz Rummenigge. Doch Kaiser-Kritik und Rummenigge-Rüffel waren nach der Pleite im Gipfeltreffen nicht zu hören. Und der Manager sagte auch nichts - was aber genug sagt. Uli Hoeneß verließ mit hochrotem Kopf das Weserstadion.
In der Liga läuft es nicht. Dass Magath mit seinem Star-Ensemble auf dem Champions League-Parkett bisher alle »Neune« ohne Gegentor abräumte, schützt ihn (noch) vor internen Attacken. Der Fußball-Lehrer hat sich an den rauen Dauer-Wind bei diesem Verein längst gewöhnt und entsprechend warm angezogen. Er trägt einen »Schutzpanzer«, spielt den Verdrängungskünstler. Kritik perlt da ab. Magath registriert nur, was er wahrnehmen will.
Die beiden WM-Teilnehmer Jens Lehmann (»So lange Magath die Bayern trainiert, werden die nie die Champions League gewinnen«) und Torsten Frings (»Der Magath ist mir total egal«) hatten aus London und Bremen in Interviews ziemlich scharf auf ihn geschossen. Und was sagt er dazu?
»Habe ich gar nicht gelesen.«
Auch der Vorwurf seines neuen Spielers Lukas Podolski, der Trainer würde viel zu wenig mit ihm reden, interessiert ihn nicht eine Sekunde: »Das soll der gesagt haben? Ist mir nicht bekannt.« So geht das auch. Und es ist vielleicht der einzige Weg, um das ständige Feuer unter diesem extrem heißen Trainerstuhl aushalten zu können.
Verbrannt hat sich Magath allerdings schon einmal ganz kräftig. Als er im März 2006 trotz der 1:4-Packung und dem »Aus« beim AC Mailand seine Mannschaft trotzdem noch auf Augenhöhe gesehen hatte, zweifelten die Ober-Bayern an seiner Brillen-Qualität. Und seitdem hat Rummenigge seine Zweifel, ob da der richtige Mann auf der Bank sitzt.
Trotzdem verlängerten die Bayern vor dem Saisonstart im August den Vertrag vorzeitig bis 2008. Der Grund: Sie wollten Ruhe im Laden haben - und keine Trainer-Spekulationen. Diskussionen gibt es jetzt aber schon. Denn auch hier irrte Magath: »Wir werden ohne Michael Ballack viel variabler spielen.« Davon war bisher wenig zu sehen. Schon gar nicht in Bremen.
Der Terminplan verschafft dem Coach jetzt den kleinen Vorteil, dass sich die Mannschaft gleich 270 Minuten lang vor eigenem Publikum besser einspielen kann. Hausaufgabe Nummer eins wurde im DFB-Pokal gegen Kaiserslautern mit 1:0 aber nur mühsam gelöst. An diesem Samstag soll Eintracht Frankfurt im Liga-Duell die erste Saison-Niederlage kassieren. Und am Dienstag, in der Königsklasse gegen Sporting Lissabon, gehen die Bayern ebenfalls wieder als Favorit in ihre Arena.
Doch danach wird es etwas schwieriger. Dann erwartet der FC Schalke 04 den Titelverteidiger. Wenn der FC Bayern in Gelsenkirchen wieder verliert, dann ist doch etwas passiert. Aber Magath, der auch die Zyniker-Rolle beherrscht, sieht da überhaupt kein Problem: »Auswärts-Niederlagen habe ich ab sofort verboten.«

Artikel vom 28.10.2006