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Kanal größer, Gräben tiefer

Zustimmung: Schleusen werden für moderne Container-Riesen erweitert

Von Franz Smets
Panama-Stadt (dpa). Die Bürger Panamas haben entschieden: Der Kanal, der seit einem Jahrhundert ihr Land an der engsten Stelle durchzieht, wird noch einmal ausgebaut.

Wenn auch die großen Frachter ihre Unmengen von Containern durch Panama transportieren können, werde ein warmer Geldregen auf tropische mittelamerikanische Land niedergehen. Panama werde zu einem Land der ersten Welt aufsteigen, so lautet das verlockende Versprechen von Präsident Martin Torrijos.
Die Einnahmen aus dem Kanal, 500 Millionen Euro pro Jahr, haben schon bisher einem großen Teil des Staatshaushalts ausgemacht. In Zukunft soll das noch mehr werden: Wenn die Erweiterung 2014 abgeschlossen ist, sollen die Wasserstraße doppelt so viele Schiffe durchfahren wie heute. 800 000 haben ihn seit 1914, dem Jahr der Eröffnung durch die USA, benutzt, jedes Jahr sind es 14 000. »Wie viele Arbeitsstellen werden denn geschaffen, wenn Panama »Nein« sagt?« hatte Torrijos den Skeptikern entgegen geworfen, die ihm vorhielten, mit seinen Visionen übertrieben zu haben. »Keine.«
Die Mehrheit der Menschen in Panama haben der Regierung und der mächtigen Kanalverwaltung Glauben geschenkt. Diese haben unter anderem von bis zu 260 000 Jobs gesprochen, die im Laufe der Zeit im Zusammenhang mit der Kanalerweiterung im Land entstehen würden, direkt und indirekt. Allerdings war die Beteiligung an dem Referendum mit 43 Prozent sehr gering, da trotz aller Propaganda vielen Menschen nicht klar ist, was an dem Kanal eigentlich ausgebaut werden soll.
Die 80 Kilometer lange Wasserstraße zwischen Pazifik und Atlantik verfügt auf jeder Seite über je zwei dreistufige Schleusen, die die Schiffe auf 26 Meter anheben und wieder auf Meereshöhe herablassen. Die Schleusenkammern sind nur für Schiffe von 30 Metern Breite und 300 Metern Länge ausgelegt. Die wesentlich größeren Ozeanriesen der so genannten Post-Panamax-Klasse können den Kanal nicht passieren.
Um ihnen die Durchfahrt zu ermöglichen, werden jetzt zwei neue Schleusen neben die bereits vorhandenen gebaut. Sie sind wesentlich größer als die alten Schleusen und sollen - nach deutschem Vorbild - mit wiederverwendbarem Wasser aus riesigen Wannen betrieben werden. Derzeit werden bei jeder Schleusung 200 Millionen Liter Süßwasser in die Ozeane gespült. Der Kanal selbst, der zu einem großen Teil durch den künstlichen Gatún-See führt, wird nicht ausgebaut. Die Umwelt wird demnach nicht weiter belastet. Es werde kein zusätzliches Wasser verschwendet, keine Täler als Stauseen überflutet, sagen die Planer.
Eben das haben Gegner stets angezweifelt. Vor allem glauben viele kritische Bauern entlang des Rio Indio westlich vom Gatún-See und Kanal, dass ihr Wasser eines Tages doch für den Schleusenbetrieb verwendet und ihr Land trockengelegt werden könnte.
Wenige Tage vor dem Referendum demonstrierten ihre Aktivisten in der Hauptstadt. »Wenn die Erweiterung durchkommt, werden einige zu den Waffen greifen«, warnte Maria Muñoz, die zu den Wortführern der Bewegung zählt. »Wir sind schon so oft von den Regierungen betrogen worden.«
Die USA stellten den Kanal im Jahr 1914 fertig. Dafür betrieben sie die Gründung des Staates Panama, dessen Gebiet zuvor zu Kolumbien gehört hatte. Im Gegenzug sicherten sie sich die Kontrolle über die Kanalzone. 1999 übergaben die USA den Kanal an die panamaische Regierung.

Artikel vom 24.10.2006