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Aufs Zwischenzeugnis kommt es an

Bei Wahl der weiterführenden Schule dürfen Eltern nicht allein entscheiden

Von Michael Schläger
Bielefeld (WB). Mehr als 3000 Viertklässler gibt es in Bielefeld. Sie erhalten mit dem Halbjahreszeugnis im Januar erstmals eine verbindliche Empfehlung ihrer Grundschule, welche weiterführende Schule sie besuchen können. Die Neuregelung im NRW-Schulgesetz verunsichert viele Eltern.

Gymnasien, Real-, Haupt- und Gesamtschulen starten bereits im November ihre Informationskampagnen für die künftigen Fünftklässler, laden zu Veranstaltungen und Unterrichtsbesuchen ein. Zuletzt wählten 37 Prozent der Eltern das Gymnasium für ihre Kinder. 27 Prozent der Bielefelder Viertklässler wechselten zur Realschule, zwölf Prozent auf Hauptschulen und 24 Prozent zu den Gesamtschulen. Doch können sich die Eltern künftig nicht mehr ohne weiteres über die Schulwahlempfehlung der Grundschule hinwegsetzen und frei entscheiden, wohin sie ihr Kind schicken.
»Die Grundschulen werden zwei Empfehlungen abgeben«, erläutert Schulamtsdirektor Gerd Zimmermann das neue Verfahren. Im Halbjahreszeugnis werden eine uneingeschränkte und eine eingeschränkte Empfehlung abgegeben. »Entscheiden sich die Eltern beispielsweise für das Gymnasium, für das nur eine eingeschränkte Empfehlung besteht, sind sie verpflichtet, an einen Beratungsgespräch in der weiterführenden Schule teilzunehmen.« Bleiben die Eltern auch nach dem Gespräch bei ihrer Wahl, muss das Gymnasium das Kind aufnehmen.
Anders sieht es aus, wenn Eltern eine Schulform wählen, die komplett von der Grundschulempfehlung abweicht. Auch dann besteht zunächst der Pflicht zur Teilnahme an einem Beratungsgespräch. Bleiben die Eltern bei ihrer Wahl, muss das Kind einen dreitägigen Prognosenunterricht absolvieren, der von einer Grundschullehrkraft und einem Lehrer der gewünschten weiterführenden Schulform abgehalten wird. Mit dabei ist auch ein Vertreter des staatlichen Schulamtes. Sind sie im Anschluss einstimmig gegen den Elternwunsch, bleibt Vater und Mutter nur noch der Weg zum Gericht.
»Der Prognosenunterricht wird in Gruppen mit bis zu zehn Kindern stattfinden«, sagt Zimmermanns Kollegin Jutta Schattmann. Gerd Kranzmann, Leiter des Helmholtz-Gymnasiums, ist aber davon überzeugt, dass der »Unterricht auf Probe« kaum in Anspruch genommen werden wird: »Schon bisher konnte in den meisten Fällen eine einvernehmliche Lösung gefunden werden.« Eine Einschätzung, die auch Martina Reiske, Leiterin der Sudbrackschule, teilt. »Wir werden unsere Beratungsangebot aber noch weiter ausbauen.«
Die größere Verbindlichkeit der Grundschulempfehlungen könne Eltern vor Fehlentscheidungen bewahren, ist Schulamtsdirektor Zimmermann überzeugt. Bei der Stadtschulpflegschaft hält man dagegen wenig von der neuen Regelung. »Als Elternteil muss ich in der Grundschulzeit zu allen möglichen Dingen meine ausdrückliche Zustimmung geben«, meint Vorsitzender Joachim Müller. »Nur wenn es um die wichtigste Entscheidung geht, ist der Elternwille nicht mehr gefragt.«
l Am Freitag 17. November, findet im Murnausaal der VHS eine Info-Veranstaltung zum Thema statt. Beginn: 19 Uhr.

Artikel vom 24.10.2006