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Falsch oder echt? 100 Polizisten
büffeln die Fehler der Fälscher

Beamte lernen, Sicherheitsmerkmale in Dokumenten zu bewerten

Von Christian Althoff
Schloß Holte-Stukenbrock (WB). 100 Polizisten aus Ostwestfalen-Lippe werden bis zum Wochenende darin geschult, professionell gefälschte Ausweise, Führerscheine und Fahrzeugpapiere zu erkennen. Den Unterricht erteilen drei Beamte der Autobahnpolizei.

Ein deutscher Autofahrer, der bei einer Verkehrskontrolle im Kreis Höxter einen Führerschein der Inselrepublik Vanatu (früher Neue Hebriden) vorzeigte, nahm offenbar an, die Polizei könne die Echtheit des Dokumentes nicht bewerten. Immerhin liegt Vanatu mit seinen 210 000 Einwohnern am anderen Ende der Welt, östlich von Australien. Doch der Streifenbeamte schickte den Führerschein zur Autobahnpolizei nach Stukenbrock, deren Beamte sich in den vergangenen 15 Jahren zu Experten im Erkennen von Urkundenfälschungen entwickelt haben. Hauptkommissar Ludger Bürger: »Die Fahrerlaubnis aus Vanatu konnten wir zwar nicht auf den ersten Blick als falsch entlarven, aber wir hatten ja noch unseren Computer.« Und der gestattet den Zugriff auf eine Datenbank beim Bundeskriminalamt, in der Führerscheinvorlagen aller Länder mit ihren Sicherheitsmerkmalen gespeichert sind.
150 Urkundenfälschungen decken die Beamten der Autobahnpolizei jedes Jahr auf. »Die erfahrenen Kollegen können das meistens vor Ort, ohne Computer«, sagt Bürger. Mit Stempeln, Stanzungen, Wasserzeichen, Mikroschrift, Hologrammen, Sicherheitsfäden oder Leuchtfarbe markieren Behörden unterschiedlichster Länder ihre Papiere, um Fälschungen zu erschweren. Damit die Autobahnpolizisten diese Sicherheitsmerkmale erkennen und bewerten können, zählen zu ihrer Ausrüstung ein Taschenmikroskop, eine Lupe und eine Schwarzlichtlampe. Wer überführt wird, bekommt eine Anzeige wegen Urkundenfälschung.
»Am häufigsten sind Teilfälschungen«, erklärt Ludger Bürger. Dabei wechseln die Täter bei einem echten Pass nur die Seite mit dem Foto und den Personalangaben aus. Einige Fälschungen seien so gut, sagt der Beamte, dass es bis zu einer Stunde dauern könne, um sie zu entlarven. Für so ein Papier müsse zwischen 2000 und 3000 Euro gezahlt werden, einfachere Fälschungen seien für ein paar hundert Euro zu haben. »Der Kontakt von Abnehmern zu Fälscherbanden entsteht oft auf großen Gebrauchtwagenmärkten in Polen, Holland und Belgien. Aber auch auf dem bekannten Automarkt in Essen werden solche Geschäfte angebahnt«, sagt Christian Dahm, Sprecher der Autobahnpolizei. Kunden seien zumeist Autofahrer ohne Führerschein, die beruflich auf ihren Wagen angewiesen seien, oder Straftäter, die zur Fahndung ausgeschrieben seien und Papiere mit falschem Namen benötigten.
Ihre geheimen Tipps und Tricks, wie falsche Papiere schnell erkannt werden können, geben Ludger Bürger sowie seine Kollegen Stefan Borcherding und Andreas Langelen seit einer Woche an andere Beamte aus Ostwestfalen-Lippe weiter. Ein Polizist der Wache Bielefeld-Brackwede, der bereits an dem Kurs teilgenommen hat: »Eine super Sache! Ich kann jetzt Fälschungen erkennen, die ich noch in der vergangenen Woche als echt hätte durchgehen lassen.«

Artikel vom 24.10.2006