24.10.2006 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Gute Perspektive: 42,2
Kilometer im Big Apple

Drei Bielefelder bestreiten den Marathon ihres Lebens

Von Uwe Koch (Text und Foto)
Bielefeld (WB). Laufen ist Leidenschaft, ist Philosophie und ist das Band, das die drei Männer zusammenhält: Frank Stopfel, Manfred Heitbreder und Karsten Stolle verbinden mit Dauerlauf mehr als das Bolzen von Kondition. Das Trio, das sich nonchalant auch »Perspektivkader« nennt, wird am 5. November beim Lauf der Läufe teilnehmen - dem New York Marathon.

Zwanghaft war ihr Bestreben nach Langlauf zu Beginn nicht, zwangsläufig indes die Entdeckung der Leidenschaft für diesen Sport: Vor dreieinhalb Jahren begannen Architekt Stopfel, Volkswirt Heitbreder und Masseur Stolle unabhängig voneinander, Kilometer um des eigenen Wohlbefindens willen abzuspulen.
In der Altstadt-Sauna von Karsten Stolle (43) erzählten auch Frank Stopfel (42) und Manfred Heitbreder (53) von der Lust am Langlauf. Gegenseitiges Interesse und Sympathie sowie Ehrgeiz und ähnliche körperliche Voraussetzungen waren der Schlüssel zur gemeinsamen Sache: Seither trainieren und laufen die drei regelmäßig miteinander. Der »Hermann«, die »Nacht von Borgholzhausen« und auch ein Halbmarathon standen schon auf dem Terminkalender.
Schon 2005 stand der legendäre New York Marathon auf der Wunschliste, zur Realität sollte er nicht werden: »Der Veranstalter hatte hatte zuviele deutsche Teilnehmer gebucht«, sagt Frank Stopfel, und so blieben die drei Bielefelder jenseits des Big Apple förmlich auf der Strecke. Für dieses Jahr hat die Meldung geklappt, Stopfel, Stolle und Heitbreder stehen im Teilnehmerfeld der vermutlich 40 000 (!) Läufer.
Und das, obwohl keiner von ihnen jemals einen Marathon absolviert hat. 42,2 Kilometer Distanz sind zu bewältigen, dafür sind sie seit 90 Tagen konzentriert auf den Beinen: Viermal pro Woche geht's in den Teutoburger Wald zu einem kurzen Lauf, am Sonnabend steht immer ein Langlauf von gut 30 Kilometer Länge auf dem Programm. »Insgesamt kommen wir pro Woche auf eine Laufleistung von 60 Kilometern«, sagt Karsten Stolle.
Das Ziel ist klar formuliert: »Wir wollen maximal doppelt so lange brauchen wie der Schnellste«, setzt Manfred Heitbreder die Marke und fügt selbstbewußt hinzu: »Wir wollen das Finisher-Shirt.« Das Leibchen erhält jeder für die Zielankunft. Zudem bringt die New York Times am folgenden Tag alle Namen der Läufer, die den New York City Marathon geschafft haben.
Abflug in die USA wird bereits Donnerstag, 2. November, sein. Ein wenig Sightseeing in dem faszinierenden Moloch ist angesagt. Doch damit NY die drei von der Altstadt-Sauna nicht vorab schon schafft, ist Vorsicht geboten: »Die Stadt frißt dich«, weiß Frank Stopfel aus Erfahrung. Soll heißen: Kaum etwas zu Fuß erkunden, um Kräfte zu sparen. Ein Eishockey-Spiel der New York Rangers und ein Musical ansehen, sich von der Abenddämmerung auf dem Empire State Building verzaubern lassen, der Freiheitsstatue, dem klassischen Demokratiesymboln die Reverenz erweisen - okay. Doch alle Konzentration gilt dem Sonntag, 5. November.
Dann ist um 5.00 Uhr die Nacht vorbei, spätestens um 6.30 Uhr ist die Abfahrt zum Start (10.10 Uhr) nach Staten Island. »Wir passen aufeinander auf«, versprechen sich Stopfel, Heitbreder und Stolle. »Wir haben ein gutes Zeitgefühl und wollen nicht überpacen.« Das »Perspektivteam« will das Ziel an der »Tavern on the Green« im Central Park auf jeden Fall erreichen. Manfred Heitbreder: »Auch wenn`s ein wenig snobistisch klingt: In München, Münster oder Minden kann man beim Marathon aussteigen - in New York nicht.«

Artikel vom 24.10.2006