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Arbeiter im Silo
zu Tode gekocht

Unfall im Kraftwerk Veltheim

Von Christian Althoff
Porta Westfalica (WB). Tödlicher Arbeitsunfall im Kraftwerk Veltheim (Kreis Minden-Lübbecke): Dort ist am Freitagabend ein Arbeiter (39) in einem Silo mit heißer Asche 90 Minuten lang »zu Tode gekocht worden«, wie es ein Sprecher der Mindener Polizei beschrieb.

»Wir stehen unter Schock«, sagte gestern Jörg Röthemeier, einer der Geschäftsführer des Kraftwerkes. Die Anlage wird von den Stadtwerken Bielefeld und dem Energieversorger Eon betrieben und erzeugt Strom durch die Verbrennung von Steinkohle, Tiermehl, Klärschlamm und anderen Stoffen. Während des Verbrennungsprozesses fällt feinste Asche an, die der Konsistenz von Mehl entspricht. Sie wird über Rohre von oben in einen geschlossenen, drei Meter hohen Stahltank gepumpt. Von der Unterseite des Tanks aus wird die Asche dann über Rohrleitungen wieder dem Verbrennungsprozess zugeleitet.
Nach Revisionsarbeiten an einem Kraftwerksblock sollte dieser wieder hochgefahren werden. Weil dabei anfangs mehr Asche anfällt als wieder verbrannt werden kann, wäre der Aschesilo »übergelaufen«. Eine Fachfirma aus Braunschweig sollte deshalb Freitagabend den Aschetank leersaugen. Dabei wird durch eine seitliche Revisionsöffnung ein Schlauch in den Tank geschoben. »Eine Routinearbeit, die die Mitarbeiter der Firma schon mehrfach bei uns erledigt haben«, sagte Röthemeier.
Freitagabend gegen 20.40 Uhr Uhr schlug ein Mitarbeiter (35) der Fremdfirma Alarm. Er hatte die verzweifelten Schreie seines Kollegen gehört, der sich unerklärlicherweise in dem Silo befand und nahezu bis zur Brust in der 80 bis 100 Grad heißen Asche stand. Der Mann konnte sich kaum bewegen, da die Asche ihn wie Fließsand umgab. »Der Arbeiter kann unmöglich versehentlich in den Tank geraten sein. Er muss sich durch die seitliche Revisionsöffnung gezwängt haben, die nur 40 Zentimeter Durchmesser hat«, sagte der Polizeisprecher. Die Beamten gehen davon aus, dass sich ein etwa 1,20 Meter hohe Ascherest nicht aus dem Silo absaugen ließ und der Mann in den Tank geklettert war, um nach der Störungsursache zu suchen.
Die Feuerwehr Porta Westfalica hatte eineinhalb Stunden benötigt, um den Schwerstverletzten durch die kleine Öffnung zu bergen. Der ledige Mann, der aus Wolfenbüttel stammt, war lange bei Bewusstsein, wurde dann ohnmächtig und verstarb noch vor Ort, nachdem Feuerwehrmänner ihn befreit hatten. »Er ist seinen Verbrennungen erlegen, zumal er den heißen Aschestaub wohl auch eingeatmet hatte«, erklärte ein Polizist.

Artikel vom 23.10.2006