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Artenwechsel
in der Nordsee

Sardellen kommen, Schollen gehen

Bremerhaven (dpa). Der Klimawandel hat bereits deutliche Spuren in der Nordsee hinterlassen. »Wir finden immer häufiger Fischarten aus den deutlich wärmeren Gewässern der Biscaya und des Mittelmeeres«, sagte der Meeresbiologe Harald Asmus am Wochenende.
Bei seinen Forschungen in der Außenstelle Sylt des Bremerhavener Alfred-Wegener-Institutes (AWI) stellte Asmus zudem den Rückgang bislang heimischer Arten fest. »Wenn die Erwärmung der Nordsee anhält, wird sich dieser Prozess fortsetzen«, sagte Asmus.
Äußeres Zeichen für die Auswirkungen des Klimawandels ist laut Asmus ein langsamer Anstieg der Durchschnittstemperaturen des Nordsee-Wassers. »Seit 18 Jahren wird das Wasser kontinuierlich wärmer, das ist die längste Warmperiode seit Beginn der Aufzeichnungen vor 130 Jahren.« Obwohl sich der Anstieg im Zehntelgradbereich bewege und in der Summe noch keine zwei Grad erreicht habe, reagierten die Lebewesen bereits auf die Veränderung. »Bestimmte Fischarten wie die Plattfische (im Bild eine Scholle) wandern in tiefere und kältere Gewässer ab, andere Arten wie der Kabeljau ziehen höher in den Norden«, sagte der Meeresbiologe.
Im Gegenzug wandern immer mehr Fische aus südlichen und wärmeren Gewässern in die Nordsee ein. »Wir haben hier sogar schon Sardellen entdeckt«, erläuterte Asmus. Exotische Lebewesen wie die Pazifische Auster fänden inzwischen so gute Bedingungen in der Nordsee vor, dass sie die hier bislang dominierende Miesmuschel verdrängten.
Dramatisch ist nach Ansicht von Asmus das Tempo, in dem sich die Veränderung vollzieht. »Die Arten haben keine Chance, sich an neue Lebensbedingungen anzupassen, sondern können nur ausweichen.« Mittelfristig sei deswegen das Aussterben einzelner Arten nicht auszuschließen. Richtung Norden bilde die Arktis die Grenze der Wandermöglichkeiten. »Wir wissen derzeit noch nicht, was mit den arktischen Arten passieren wird, wenn die Erwärmung des Meerwassers weiter anhält.«
Die Veränderungen in der Nordsee seien jedoch kein auf dieses atlantische Randmeer beschränktes Phänomen, erklärte Asmus. »Durch die globale Erwärmung wandern immer mehr subtropische Arten in das Mittelmeer ein, ähnliches ist auch vor der Küsten Westafrikas zu beobachten.«

Artikel vom 23.10.2006