23.10.2006 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

USA ändern Irak-Kurs
nach hohen Verlusten

Präsident Bush unter Druck vor den Kongresswahlen

Washington (dpa). Die USA wollen einem Zeitungsbericht zufolge angesichts des andauernden Blutvergießens im Irak ihren Kurs ändern und die Regierung in Bagdad künftig auf die Erfüllung von Vorgaben verpflichten.
Dazu zähle unter anderem, der religiösen Gewalt in einer bestimmten Zeit Herr zu werden, meldete gestern die »New York Times«. Sonst drohten der Regierung von Nuri Kamal al-Maliki Strafen. Im Irak sind nach US-Medienberichten alleine im Oktober mehr als 70 US-Soldaten ums Leben gekommen.
US-Präsident George W. Bush steht vor den Kongresswahlen am 7. November besonders wegen des Krieges im Irak innenpolitisch unter immer stärkerem Druck.
Es sei das erste Mal, dass die US-Regierung sich mit solchen Vorgaben an die irakische Regierung wende, schrieb die Zeitung unter Berufung auf ranghohe Beamte. Bagdad sei eingeladen, den Plan noch vor Jahresende zu beschließen. »Wenn die Iraker sich nicht darauf einlassen, müssten wir (die amerikanische Strategie) im Irak überprüfen«, sagte ein Pentagon-Beamter. Es solle jedoch nicht mit einem Abzug der US-Truppen gedroht werden.
Präsident Bush hatte in seiner wöchentlichen Rundfunkansprache am Wochenende eingeräumt, die vergangenen Wochen seien für die amerikanischen Soldaten im Irak »schwer« gewesen.
Am selben Tag hatte er sich unter anderem mit dem Oberbefehlshaber der US-Streitkräfte im Irak, General George Casey, dem Befehlshaber des US-Oberkommandos Mitte, General John Abizaid, Verteidigungsminister Donald Rumsfeld sowie dem US-Botschafter im Irak, Zalmay Khalilzad über den Kurs im Irak beraten. Nach Angaben der »New York Times« arbeiten Khalilzad und Casey federführend an dem neuen Zeitplan.
In seiner Ansprache hatte Bush noch einmal bekräftigt, dass die US-Regierung an ihrer Strategie im Irak festhalte, jedoch ihre Taktiken ständig anpasse. »Unser Ziel im Irak ist klar und unverändert: Unser Ziel ist der Sieg«, sagte der Präsident. Der Sprecher der multinationalen Streitkräfte im Irak, US-General William Caldwell, hatte unlängst eingeräumt, der Erfolg der Militäroperation sei insgesamt hinter den Erwartungen zurückgeblieben.
Ein ranghoher US-Diplomat äußerte derweil die Einschätzung, dass den USA im Rückblick »Arroganz« und »Dummheit« bei ihrem Vorgehen im Irak vorgeworfen werden könnten. »Die Geschichte wird entscheiden, welche Rolle die Vereinigten Staaten spielten«, sagte Alberto Fernandez dem Sender al-Dschasira nach Angaben des US-Fernsehsenders CNN. »Aber ich denke, dass eine hohe Wahrscheinlichkeit für heftige Kritik besteht, weil es zweifellos von Seiten der USA Arroganz und Dummheit im Irak gab.« Die Äußerungen sorgten in Washington für Verwirrung. Ein Regierungssprecher sagte, das auf arabisch gehaltene Interview Fernandez' sei offenbar fehlerhaft übersetzt worden.

Artikel vom 23.10.2006