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Wo Studenten die
Nächstenliebe lernen

Deutschlands erste FH für Diakonie feierlich eröffnet

Von Matthias Meyer zur Heyde und Hans-Werner Büscher (Fotos)
Bielefeld (WB). Die bundesweit einzige Fachhochschule der Diakonie (FHdD) hat am Freitag ihren Betrieb aufgenommen; die ersten 84 Studenten begannen ihre Zusatzausbildung. Die Politik räumt der Betheler Einrichtung erstklassige Chancen ein, sich in der Hochschullandschaft zu behaupten.

»Bethel reagiert in Form der FHdD mit einem klugen Konzept auf einen akuten gesellschaftlichen Bedarf«, sagte Reinhard Dornburg, Leitender Ministerialrat des NRW-Ministeriums für Wissenschaft und Forschung. Die Zahl der Pflegebedürftigen im Lande werde bis 2050 von derzeit 460 000 auf etwa eine Million steigen - diesen Herausforderungen des demographischen Wandels müsse sich die Diakonie gewachsen zeigen.
An der FHdD sind in acht Studienhalbjahren (»Semester ohne Semesterferien«) drei mögliche Studiengänge zu durchlaufen: Management im Sozial- und Gesundheitsbereich, Mentoring sowie Diakonik - werteorientiertes Gestalten in Diakonie und Kirche. Die Fachhochschüler sind berufstätige Mitarbeiter in Einrichtungen des Sozial- und Gesundheitswesens, die sich für den Einsatz im Mittleren Dienst qualifizieren wollen.
Das Studium folgt nicht etwa klassischen Vorbildern aus Hörsaal und Seminarraum, sondern teilweise während der regulären Arbeitszeit (Praxisbezug), in virtuellen Klassenzimmern - also beispielsweise im Computerchat zwischen regionalen Lerngruppen - und in Einzelarbeit vor dem PC. Die Erstsemester sollen zum Einstieg das Thema »Gender« (Geschlecht) behandeln und am Arbeitsplatz ergründen, wie Männer und Frauen im Berufsalltag miteinander umgehen, sagte Prof. Hanns-Stephan Haas (47), Gründungsrektor und habilitierter Theologe und Ökonom.
Neun Professorenstellen sind besetzt, etwa 80 Studenten pro Jahr können sich einschreiben, und über erweiterte Kapazitäten wird nachgedacht. »Mit der Eröffnung der FHdD, der 14. privaten Fachhochschule in NRW, hat sich nach dreijähriger Vorbereitung ein Traum erfüllt«, meinte Haas vor der Gründungsfeier im Assapheum. »Ob sich Nächstenliebe lernen lässt, kann niemand geradlinig beantworten, aber es leitet unser Handeln an dieser Hochschule.«
Von einem Freudentag sprach Pastor Bernward Wolf, Aufsichtsratsvorsitzender der FHdD. »Wir geben hier klare Antworten auf die Frage nach den Qualifikationen für die Diakonie der Zukunft.« Für das NRW-Wissenschaftsministerium überbrachte Dornberg die besten Wünsche: »Das Land hat diese Hochschulgründung - die achte in Bielefeld -Ê sehr wohlwollend begleitet und war andererseits zu keiner Zeit willens, Abstriche zu dulden, was die Qualität der Ausbildung angeht.«
Die Studiengebühren betragen 100 (Diakonik) bis 150 Euro (Management, Mentoring). 60 Prozent der Kosten übernehmen die 15 Träger, darunter die drei Gründer: Diakonisches Werk, Bethel/Stiftung Nazareth und Johanneswerk.

Artikel vom 21.10.2006