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Panne in JVA
erleichtert
Tätern Flucht

Vollzugsbeamter schwer verletzt

Von Christian Althoff
Hövelhof (WB). Offenbar eine Panne hat in der Justizvollzugsanstalt Hövelhof (Kreis Paderborn) dazu geführt, dass in der Nacht zum Freitag zwei Straftäter zum dritten Mal fliehen konnten. Dabei verletzten sie einen Beamten (59) schwer.

Der »Bund der Strafvollzugsbediensteten Deutschlands« (BSBD) sprach von einem ernsten Zwischenfall, der auch auf die zu geringe Personalstärke in der JVA zurückzuführen sei. »Wir werden das am Montag mit Landesjustizministerin Roswitha Müller-Piepenkötter besprechen«, kündigte der BSBD-Landesvorsitzende Klaus Jäkel an.
Einer der Täter, ein 18-jähriger Paderborner, saß wegen bewaffneten Diebstahls, der zweite, ein Mann aus Mühlheim (21), verbüßte eine Strafe, weil er von einer Brücke Steine auf Autos geworfen hatte. Die beiden waren bereits am 23. September und am 2. Oktober gemeinsam aus dem offenen Jugendstrafvollzug in Hövelhof geflohen. Die Gefängnisleitung hatte die beiden zwar nach der zweiten Flucht in der geschlossenen Abteilung untergebracht, aber erneut in einer gemeinsamen Zelle - und das nutzten die Männer zu ihrer dritten Flucht.
Einer meldete Donnerstagabend über die Sprechanlage einen Wasserrohrbruch und lockte so den einzig diensthabenden Beamten dieser Abteilung in die Zelle. Dort schlug ein Häftling den Mann mit einem etwa 70 Zentimeter langen Regalbrett nieder, anschließend stürzte sich ein Gefangener auf den Beamten und würgte ihn beinahe bis zur Bewusstlosigkeit. Die beiden Häftlinge raubten dem Schwerverletzten die Schlüssel und entkamen aus der JVA. Das Opfer schleppte sich noch zu einem Alarmknopf, doch blieb eine Großfahndung von Vollzugsbeamten und Polizisten ohne Erfolg. Die Schlüssel wurden Freitag in der Nähe der JVA entdeckt. Das Opfer konnte nach ambulanter Behandlung die Klinik verlassen, ist aber krankgeschrieben.
»Nachdem sie zweimal entkommen waren, hätten die beiden Häftlinge auf gar keinen Fall wieder in eine gemeinsame Zelle gehört«, sagte am Freitag ein an der Fahndung beteiligter Beamter. Dazu erklärte der stellvertretende Leiter der JVA Hövelhof, Heinrich Bröckling: »Die Gewaltbereitschaft der beiden Häftlinge hat uns alle überrascht. Damit konnten wir nicht rechnen.«
André Nienaber, Ortsverbandsvorsitzender des BSBD in Hövelhof, sagte nach der Flucht: »Wir haben immer wieder davor gewarnt, eine geschlossene Abteilung nachts nur mit einem Beamten zu besetzen. Doch anstatt dass unsere Personalstärke erhöht wird, sollen wir jetzt sogar noch Kräfte verlieren!« Denn NRW muss sparen und will landesweit in den 37 Gefängnissen etwa 300 Stellen im Strafvollzug abbauen.
So sollen in der JVA Hövelhof (109 Vollzugsbeamte) sechs Stellen gestrichen werden. Nienaber: »Die größten Chancen, einen Straftäter noch einmal auf den richtigen Weg zu bringen, gibt es im Jugendstrafvollzug. Dass das Land hier trotzdem Stellen streicht wie in anderen Haftanstalten, ist uns unverständlich.« Seite 4: Kommentar

Artikel vom 21.10.2006