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Das unergründliche Geheimnis der Frau

Kunsthalle Bielefeld präsentiert Maler Paul Delvaux

Von Uta Jostwerner
Bielefeld (WB). Wieder ist die Kunsthalle Bielefeld dem Geheimnis der Frau auf der Spur. Mit 40 herausragenden Gemälden und 30 Zeichnungen von Paul Delvaux beleuchtet sie die umfassende künstlerische Auseinandersetzung des belgischen Malers mit dem Wesen der Weiblichkeit.

Neben René Magritte und James Ensor gilt Paul Delvaux (1897 - 1994) als der bedeutendste Künstler seines Landes. Ab 1929 entwickelt er aus der Bekanntschaft und Liebe zu seiner späteren Frau Tam ein künstlerisch einzigartiges Wesen. Zunächst noch im expressionistischen Stil, später dem Surrealismus zugewandt, zeigen Delvaux' Bilder einen jungen, feenhaften Frauentypus mit blonden langen Haaren und dunklen Augen. Wie Statuen oder bewegte Skulpturen bevölkern sie meist unbekleidet seine großformatigen Gemälde.
Die Frauen im ĂŽuvre von Paul Delvaux sind unter sich. Eine Kommunikation mit ihnen schein unmöglich und nur selten findet das Maskuline Eingang in die Szenerie. »Dann als Knabe, Eisenbahn oder Wissenschaftler«, unterstreicht Kunsthallenleiter Dr. Thomas Kellein, der in Kooperation mit Dr. Björn Egging die Ausstellung kuratierte. Delvaux, erklärt Kellein, ging es darum, die Frau als unnahbares, geheimnisvolles Wesen darzustellen. »Er zelebrierte die Frau als Kunstwerk und hob sie in seinen Werken auf einen Sockel.«
Neben den Frauenfiguren fällt der Architektur eine besondere Rolle zu. Antike Stadtarchitektonik bildet den Handlungsraum der Figuren, die oftmals eine bühnenhafte Haltung einnehmen. Delvaux, der vor seinem Malereistudium Architektur studiert hatte, konnte dabei aus dem Fundus seiner Studien schöpfen. »Die Stadt hat im Bild eine Mehrfachfunktion, die für alle Werke Delvaux' gilt. Sie strukturiert als ordnendes Prinzip den Bildraum zunächst zu einem ausgewogenen Gefüge. »Anders als in der Malerei der Renaissance haben bei Delvaux Architektur und linearperspektivischer Raum dabei nicht die Aufgabe, den Realismus der Darstellung zu steigern, sondern im Gegenteil das Surreale hervorzuheben«, schreibt Björn Egging im ausführlich bebilderten Ausstellungskatalog, der die Hauptwerke von 1927 bis 1972 abbildet.
»Ohne die neuerliche erhebliche Unterstützung der Stiftung der Sparkasse Bielefeld und der Hilfe der Paul Delvaux-Stiftung wäre diese Ausstellung nicht möglich gewesen«, unterstreicht Thomas Kellein.
Die Ausstellung »Paul Delvaux. Das Geheimnis der Frau« wird am Sonntag, 22. Oktober, 11.30 Uhr, eröffnet. Sie läuft bis zum 21. Januar 2007 und wird von einem umfangreichen Rahmenprogramm begleitet. Geöffnet: täglich von 11 bis 18 Uhr, mittwochs von 11 bis 21 Uhr, samstags von 10 bis 18 Uhr. Montags geschlossen.

Artikel vom 20.10.2006