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Autos und Künstlern die Bühne bereiten

Ostwestfalens Fachkräfte für Veranstaltungstechnik machen Präsentationen und Konzerte zum Erlebnis

Von Dietmar Kemper
Bielefeld (WB). Die zeitraubenden Hin- und Rückfahrten gehören der Vergangenheit an. Seit August lernen die angehenden Fachkräfte für Veranstaltungstechnik aus Ostwestfalen das Rüstzeug für ihren Beruf nicht mehr in Dortmund, sondern vor der Haustür: im Carl Severing Berufskolleg Bielefeld.

19 Azubis erfahren dort alles Wichtige über Licht-, Ton- und Bühnentechnik; ihnen wird zudem erläutert, was sie bei Auf- und Abbauten auf Messen zu beachten haben. Als 1998 das Berufsbild formuliert wurde, gab es schon Autohaus-Präsentationen, Konzerte und Jubiläums-Feiern von Unternehmen als typische Einsatzfelder von Veranstaltungstechnikern. Damals wurden diese Events aber oft von Personen gestaltet, die »ihr Hobby zum Beruf gemacht haben«, wie es IHK-Ausbildungsberater Jens Schmidt ausdrückt. Was damals in einer »Grauzone« stattfand, habe durch den anerkannten Beruf der »Fachkraft für Veranstaltungstechnik« verlässliche, rechtlich klare Grundlagen bekommen.
Die Organisation von Ereignissen mit vielen Menschen erfordert zwingend die Einhaltung von Sicherheitsvorschriften: Notausgänge dürfen nicht durch Lautsprecherboxen blockiert sein, Kabel nicht zur Stolperfalle werden, Scheinwerfer nicht herabstürzen. Der Bedarf an Fachkräften für Veranstaltungstechnik werde wachsen, ist Dirk Möller, Inhaber der Firma Audio PA Service (Bielefeld) überzeugt: »Kaum ein Event wird heute nicht professionell betreut.« Egal ob Stadtteilfest oder Firmenjubiläum: Weil die Besucher immer anspruchsvoller geworden sind, muss alles passen. Die Ausbildung dauert drei Jahre und umfasst keineswegs nur technische Dinge wie den Umgang mit einem Mischpult oder statische Berechnungen beim Aufbau einer Bühne. Weil der Azubi Veranstaltungen rechnen müsse, brauche er kaufmännisches Wissen, betont Möller.
Handwerkliches Können, technisches Verständnis, Mobilität und Selbständigkeit zählt er als Voraussetzungen für den Beruf auf: »Abitur oder Zeugnisse allgemein sind nicht ausschlaggebend.« Die Bereitschaft, abends und am Wochenende zu arbeiten, verstehe sich von selbst. Die Verdienstmöglichkeiten seien mit denen der Elektriker vergleichbar. Weil die Azubis zu selbständigem Denken und Handeln angeleitet würden, meldeten viele nach Abschluss der Lehre ein Gewerbe an, berichtete Möller. Bei der Fachkraft für Veranstaltungstechnik handele es sich bislang um einen »absoluten Männerberuf«.
Die Ausbildung zeitigt einen angenehmen Nebeneffekt. »Die jungen Männer erwerben automatisch die Qualifikation zur elektrotechnischen Fachkraft«, erläuterte der stellvertretende Schulleiter des Carl Severing Berufskollegs, Heinz-Peter Hahlhege. Bei der Fachkraft für Veranstaltungstechnik handele es sich um einen »Hybridberuf«, weil man ihn nicht einem einzigen Berufsfeld zuordnen könne. Elektrotechnik spiele eine große Rolle, aber auch Statik und käufmännisches Grundlagenwissen gehörten unabdingbar dazu. Fünf Kollegen von Hahlhege schulen im Berufskolleg die 19 Lehrlinge. Nicht nur die, sondern auch die Ausbildungsbetriebe sind froh, dass die Fahrten nach Dortmund überflüssig geworden sind. Hahlhege: »Damit haben wir viel kürzere Berufsschulwege und engere Kontakte zu den Ausbildungsbetrieben. Das ermöglicht eine bessere, auf die Bedürfnisse der Betriebe ausgerichtete Ausbildung.« Die Initiative der IHK Ostwestfalen zu Bielefeld für eine ortsnahe Beschulung zahlt sich aus.

Artikel vom 21.10.2006