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Nur Klopp zog
den Hauptgewinn

Mainz 05 trifft und siegt nicht mehr

Von Friedrich-Wilhelm Kröger
Bielefeld (WB). Zwar verließ der FSV Mainz 05 Ostwestfalen ohne jeden Preis, dafür zog wenigstens der Trainer den Hauptgewinn. Jürgen Klopp - das ist ein Name, der in Deutschland nun auch höchst offiziell für die herausragende Sportsendung des Jahres steht.

Mit Moderator Johannes B. Kerner und dem ehemaligen Schweizer Schiedsrichter Urs Meier sorgte Klopp im ZDF für so viel WM-Unterhaltung, dass das Trio in Köln den Deutschen Fernsehpreis erhielt. Die Ehrung im Coloneum am Freitag Abend musste Klopp allerdings sausen lassen.
Denn in erster Linie ist der Mann immer noch Fußball-Lehrer. Und hat als solcher im Moment ziemliche Sorgen. Seine Mannschaft vor der Partie beim DSC Arminia allein zu lassen, kam deshalb nicht in Frage. Klopp weilte mit dem Team im Trainingsquartier in Marienfeld und freute sich von dort aus über die Auszeichnung. Ein »ausgezeichnet« konnten die FSV-Profis anderntags nicht hinzufügen. Das 0:1 in Bielefeld steigerte die Zahl siegloser Spiele auf beträchtliche sieben. »Das ist Abstiegskampf«, raunte der enttäuschte Trainer.
Der mediale Aufwind für den 39 Jahre alten TV-Liebling bläst seit der Weltmeisterschaft heftig. Wenig beflügelt zeigten sich davon die Spieler. Angesichts der bedrohlichen Talfahrt will Klopp nun zumindest so tun, als sei das Ende erreicht. »Wir werden jetzt einen Schlussstrich ziehen«, erklärte er, »und am Freitag gegen Werder neu anfangen.« Die Wirkung dieses Taschenspielertricks, alles was war, einfach zu vergessen, ist allerdings fraglich. Der Tabellenführer aus Bremen hat gerade einen »Lauf«, während bei den Mainzern gar nichts läuft.
Klopps Trainer-Urteil lautet auf »verschärfte Situation«. Er verquickt dies jedoch mit dem Alltag und den fußballerischen Gewohnheiten: »Wir spielen immer gegen den Abstieg. Wir werden uns auch dieses Mal strecken müssen.« Das gilt wohl besonders für die Aufenthaltszone gegnerischer Strafraum. Mainz hat bisher mehr Spiele bestritten als Tore geschossen und Punkte gewonnen, das ist meistens ein alarmierendes Zeichen. Um Abhilfe zu schaffen, bestellte Klopp erstmals seinen nachverpflichteten Stürmer Imre Szabics in die erste Elf. Der Ungar konnte zwei Dinge nicht fassen: Dass er spielen durfte und dass ihm einmal der Ball einköpfgerecht auf den Scheitel fiel. »Ich habe ihn zu spät gesehen, aber den muss ich natürlich machen«, ärgerte sich der Angreifer über die vergebene Chance, die nicht mehr wiederkam. So blieb es bei mickrigen sieben Saisontreffern in acht Begegnungen, Tendenz fallend.
Präsident Harald Strutz mahnt trotzdem zu Ruhe und Gelassenheit. Wie ein Diplomat fasste er den Zustand gemässigt zusammen: »Die Niederlage ist ärgerlich, aber nicht deprimierend. Unsere Lage ist nicht angenehm, aber auch nicht absolut bedenklich. Einen Appell an die Mannschaft wird es von mir nicht geben.« Noch nicht.

Artikel vom 23.10.2006