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Brettspiel hilft bei der Rechtschreibung

Zur Messe in Essen werden 150 000 Besucher erwartet - Sammelkarten weniger gefragt

Von Bernhard Hertlein
und Stefan Hörttrich (Fotos)
Essen (WB). Die Verteidiger einer korrekten deutschen Sprachweise haben einen neuen Verbündeten. In Anlehnung an den gleichnahmigen Buch-Beststeller übt das neue Brettspiel »Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod« die korrekte Grammatik. Spielen bildet: Dieses Argument sichert den Brettspielen trotz insgesamt stagnierender Spielwaren-Konjunktur auch in diesem Jahr einen leichten Umsatzzuwachs.
Johnboy Meyers, der Grafiker des Computerspiels »World of Warcraft«, schrieb fleißig Autogramme.

Journalisten umringten gestern bei der Neuheiten-Show zur »Spiel 2006« in Essen den Stand des Kosmos-Verlags. Heißt es nun, der See liegt »nahe des Dorfes« oder »nahe dem Dorf«? Richtig ist natürlich »dem Dorf«. Und bekommt man den Karren schwer aus dem Dreck »heraus« - oder doch »hinaus«? Die richtige Antwort findet sich, wenn man die Lösungskarte in einen einfachen Decoder steckt. Um jenen, die in Grammatik zu schwach sind, die Lust am Spiel nicht ganz zu nehmen, kann man auch mit der Auflösung von Abkürzungen und der Ergänzungen für Redewendungen punkten: Ist Mathematik für mich ein spanisches, ein römisches oder ein böhmisches Dorf? Korrekt ist: ein böhmisches Dorf.
Bierernst fragt das Bier-Quiz (Huck-Verlag), ob die Bayern durchschnittlich 20, 30 oder 50 Prozent mehr vom Gerstensaft konsumieren als die üblichen Deutschen? Wer nicht auf die lästigten 50 Prozent tippt, kann die Scharte durch geschicktes Bierdeckelfangen oder ähnliche Spielchen wieder ausgleichen. Vom Quizspiel-Klassiker Trivial Pursuit gibt es eine 90er Jahre-, von Tabu eine XXL-Version. Das Spiel »Ausgerechnet Buxtehude«, bei dem es darum geht, Städte nach ihrer geographischen Lage zu sortieren, dehnt es sich unter dem Namen »Ausgerechnet Uppsalah« auf ganz Europa aus. Beim »Picture Quiz« (Jumbo-Verlag) kann man unter die Fotos vom Reichstag oder Marylin Monroe auch selbstgefertigte Karten mit Bildern und Fragen über die Tante oder den Onkel mischen.
Eröffnet wurde die »Spiel 2006«, zu der bis zum kommenden Sonntag 150 000 Besucher in den Essener Messehallen erwartet werden, gestern mit der Verleihung des »Deutschen Spielepreises« an Caylus (Verlag Ystari). Den deutschen Kinderspielpreis sowie den Preis für die beste Spielanleitung (»Goldene Feder«) erhielt »Die Nacht der Magier«: im Dunkeln kreisen die »Zauberer« um das Feuer. Jeder möchte ihm möglichst nahe sein, darf aber keinen Spielstein vom runden Brett stoßen.
Die Idee, besonderes Licht einzusetzen, greift der Verlag Schmidt-Spiele auf, indem er beim »Schatzsucherspiel« die Schätze unter einer kleinen UV-Lampe sichtbar werden läßt.
1986 muss ein gutes Spiele-Jahr gewesen sein. Jedenfalls feiern »Das verrückte Labyrinth« (Ravensburger, Auflage sieben Millionen) und »Der Obstgarten« (Haba, eine Million) 2006 mit Sonderedetionen ihren 20. Geburtstag. Auch die »Siedler-Welle« ebbt nicht ab: »Der Kampf um Rom« (Kosmos) bildet den Hintergrund für ein neues historisches Szenario.
Während Erwachsenen-Spiele und Puzzles Ende August beim Umsatz und auch die Kinderspiele immerhin noch beim Absatz zulegen konnten, mussten Sammelkarten Verluste hinnehmen. Dies könnte sich in Kürze wieder ändern. Unter anderem präsentiert der Verlag »Uppereteck« in Essen eine neue Serie, die bei den Freunden des erfolgreichen Computerspiels »World of Warcraft« vermutlich auf großes Interesse stoßen dürfte.
Auf Brettspiele, Kartenspiele, Sammelkarten und Puzzles entfallen 17,8 Prozent des gesamten deutschen Spielwaren-Umsatzes. Dies waren im vergangenes Jahr 390 Millionen Euro nach 398 Millionen im Vorjahr. Für 2006 erwartet Erich Pohle, der Vorsitzende der Fachgruppe Spiel, ein Plus von fünf Prozent.

Artikel vom 19.10.2006