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Unermüdlicher
Einsatz für die
Universität

Ehrenbürgerwürde für Prof. Steiner

Von Sabine Schulze
Bielefeld (WB). Er ist ein Ausbund an Schaffensfreude und Aktivität. Vor wenigen Tagen erst ist er aus dem Kaukasus zurückgekehrt, Mitte November wird es wieder für zehn Tage nach Moskau gehen - wie immer mit Dauerwurst und Schwarzbrot im Gepäck. Aber wenn Prof. Helmut Steiner nicht gerade in Russland Vorlesungen hält, widmet er sich mit gleicher Energie der Universität Bielefeld und vor allem der Westfälisch-Lippischen Universitätsgesellschaft, deren Geschäftsführer der 78-Jährige seit 1990 ist.

Verbunden ist er der heimischen Hochschule aber schon viel länger. Für sein schier unermüdliches (und effizientes ) Wirken wird er deshalb heute mit der Ehrenbürgerwürde der Universität ausgezeichnet; die Laudatio hält Rektor Dieter Timmermann.
Alt-Bundespräsident Richard von Weizsäcker, ein langjähriger Freund, hat ihm bereits gratuliert. »Wir machen uns immer gegenseitig Komplimente, dass wir noch so aktiv sind«, sagt Steiner schmunzelnd. In Rostow am Don habe er just drei Vorlesungen gehalten, über neue Vertriebswege der Banken, über Bankmarketing und über neue Bankprodukte. Nach wie vor kennt sich Steiner hier aus und ist stets auf dem Laufenden. »Ich lese genauso viel wie früher«, sagt der Bankier, der 27 Jahre lang dem Vorstand der Sparkasse Bielefeld angehörte - 21 Jahre als Vorsitzender.
Zur Universität kam er bereits, als es die Hochschule noch gar nicht gab: Steiner gehörte 1966 zu den Gründungsvätern der Universitätsgesellschaft und war ein Jahr darauf Mitgründer des Studentenwerks; der damalige Oberbürgermeister Hinnendahl hatte ihn angeworben. Bis 1979 war Steiner stellvertretender Vorsitzender des Studentenwerks. »Als solcher war ich für den Mensabereich zuständig. Alle Proteste - wenn wir zum Beispiel den Essenspreis um zehn Pfennige erhöhten - landeten bei mir. Das war eine schöne Zeit.«
Mit Wirtschaft hatte der 78-Jährige auch nach 1979 noch zu tun. Steiner nahm nämlich einen Lehrauftrag an der entsprechenden Fakultät an. 25 Jahre hat er Vorlesungen gehalten, Seminare geleitet und Diplomarbeiten betreut. »Und trotz meines eigentlichen Berufs als Sparkassen-Vorstand habe ich nie eine Vorlesung ausfallen lassen«, betont er. Nebenbei angefügt: Er hat auch an der Kirchlichen Hochschule in Bethel Wirtschaftsethik gelehrt (»würde heute manchem nicht schaden«), hat Meisterkurse bei der Kreishandwerkerschaft gegeben und an der Landwirtschaftsschule Buchführung und Rechnungswesen gelehrt.
In ein Loch ist Steiner nach seiner Pensionierung 1991 nicht gefallen: Der dritte Lebensabschnitt ist bei ihm mehr als ausgefüllt. »Und das Schöne daran: Ich muss nicht, ich kann.« Diese Freiheit genießt der rührige Pensionär ausgiebig.
Die vielen Aktivitäten seien ihm aber nicht in den Schoß gefallen. »Man muss sich auf die dritte Lebensphase vorbereiten.« Die Universitätsgesellschaft und damit auch die Universität haben von seinem Engagement als Geschäftsführer enorm profitiert: Knapp 600 Mitglieder zählt der Förderverein, seine Außenwirkung und -wahrnehmung ist so groß wie nie zuvor. Dazu tragen auch von der Gesellschaft mitfinanzierte Vorträge, Konzerte und Ausstellungen bei, die die Verbundenheit mit den Bürgern der Stadt stärken sollen.
Und weil Steiner nun schon die Geschäftsführung der Universitätsgesellschaft innehat (»ich bin ein Ein-Personen-Büro, organisiere, schreibe die Briefe, klebe sie eigenhändig zu und gehe zur Mitgliederwerbung Klinken putzen«), hat er die des Absolventen-Netzwerkes quasi auch noch übernommen. »Nebenbei« ist er außerdem Vorsitzender des Förderkreises des Zentrums für interdisziplinäre Forschung. »Manche fragen, ob ich es denn gar nicht lassen kann. Aber für viele Aufgaben findet sich kaum jemand. Vielleicht dafür, den Namen herzugeben und das Amt im Lebenslauf aufzulisten. Aber wenn es dann heißt, das ist auch richtig viel Arbeit, sieht das schnell anders aus.« Und so wird er sich sicher bei den nächsten Wahlen der Universitätsgesellschaft erneut in die Pflicht nehmen lassen.
Steiner agiert mit Spaß und Energie. »Es wird mir nie zuviel. Man muss eben ein gutes Zeitmanagement haben.« Das lässt ihm immer noch Freiraum für seine abendliche Lesestunde von 23 Uhr bis Mitternacht. »Außerdem sehe ich einen Zusammenhang zwischen meiner Rührigkeit und meiner Gesundheit.«
Wenn Helmut Steiner heute die Ehrenbürgerwürde von Rektor Prof. Dr. Dieter Timmermann verliehen wird, werden auch seine vier Frauen dabei sein: Ehefrau Renate, mit der er in wenigen Tagen die Goldhochzeit feiert, und die drei Töchter Sybille, Babette und Dorothee. Sie alle sind ebenfalls mit der Universität verbunden: Renate Steiner studierte hier als eine der ersten Jura (und legt gerade ihr Examen in Geschichtswissenschaft und Soziologie ab), die Töchter wurden hier zur Juristin, Pädagogin und Betriebswirtin ausgebildet. »Das gibt es doch wohl selten, nicht wahr?«

Artikel vom 27.10.2006