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Al-Sultan spürt
keinen Druck

273 Deutsche starten auf Hawaii

Kona (WB/dpa). Hitze über der Lavawüste, Luftfeuchtigkeit und Gegenwind auf dem von Erdbeben heimgesuchten Hawaii: Titelverteidiger Faris Al-Sultan muss bei dem prestigeträchtigsten Triathlon der Welt am Samstag wieder durch die Hölle.

Die Gedanken an den Schmerz, der ihm wie beim Triumph 2005 am Ende des mehr als achtstündigen Wettkampfes »teilweise die Funktionen im Gehirn lahm« legen könnte, hat der 28-jährige Sohn einer Deutschen und eines Irakers jedoch weit von sich geschoben.
»Als Hawaii-Sieger habe ich nicht mehr so den Druck. Wenn ich meine Leistung abrufen kann, bin ich schwer zu besiegen«, sagt der Autodidakt, der seine Karriere ohne professionelle Hilfe managt. Auch auf die schwersten Erdstöße seit 23 Jahren rund um Kailua-Kona, die am vergangenen Sonntag einigen der 1800 Starter die Angst in die Knochen fahren ließen, hat Al-Sultan ruhig reagiert. »Ich habe davon kaum etwas gespürt.«
In Kalifornien hat sich Al-Sultan wieder auf den Höllenritt vorbereitet, der diesen Samstag um 18.45 Uhr auf der paradiesischen Pazifikinsel Big Island beginnt und dem Sieger 100 000 Dollar Siegprämie beschert. Wie 2005 will das Ausdauer-Phänomen mit seiner Siegermentalität und Gleichmäßigkeit über 3,8 Kilometer Schwimmen, 180 Kilometer Radfahren und 42,195 Kilometer Laufen die internationale sowie deutsche Konkurrenz mit den ehemaligen Hawaii-Siegern Normann Stadler (2004/Mannheim), Thomas Hellriegel (1997/Bruchsal) oder den Eberbacher Timo Bracht bezwingen. 231 deutsche Triathleten sind am Start.
Darunter mit Ingmar Lundström (34) vom TSVE 1890 Bielefeld ein ambitionierter Ex-Hermannslaufsieger, der den Mythos Hawaii bestens vorbereitet angeht und »eine zweistellige Platzierung« anstrebt. Allerdings hat der Filialleiter des Active-Sportshops in Gütersloh noch keinen Wettbewerb bestritten, der länger als fünf Stunden dauerte. Denn qualizitiert hatte sich der Isselhorster beim Half Ironman Monaco, wo er jeweils nur die halbe Distanz bestreiten musste. Lundström setzt »voll auf die Karte Laufen«. Ein Ausstieg kommt nicht in Frage: »Das würde ich mir nie verzeihen.«
Sein Bielefelder Vereinskollege Jürgen Klitzke bestreitet den Ironman aufgrund eines Schlüsselbeinbruchs gehandicapt. »In meiner Altersklasse geht es nur ums nackte Überlegen,« sagt der 55-jährige Chauffeur, der 107 Kilogramm auf die Waage brachte, ehe er den Triathlon für sich entdeckte.
Perfekt ist die Situation für den Titelverteidiger, weil der Umbruch nach dem Rückzug einiger Topathleten eingesetzt hat. Der dreimalige Sieger Peter Reid (Kanada) hat seine Karriere wie der Koblenzer Jürgen Zäck (zweijährige Dopingsperre) beendet. Weltmeister Tim Don (Großbritannien) ist wegen verpasster Doping-Kontrollen gesperrt und der Darmstädter Lothar Leder nicht qualifiziert. Der Olympia-Zweite von Sydney 2000, Stephan Vuckovic (Reutlingen), hatte 2005 mit seinem 10. Rang das Ticket für dieses Jahr gelöst, zählt aber zu den Außenseitern.
Dafür gelten der Neuseeländer Cameron Brown (34) als Vorjahres-Zweiter wie der Australier Chris McCormack (33) als heißeste Kandidaten auf den Titel. Auch Stadler peilt nach seinem Überraschungscoup 2004 wieder den Sieg an. »Alles oder Nichts« ist die Devise des 33-Jährigen.
Bei den Frauen dominiert seit ihrem ersten von sechs Hawaii-Siegen im Jahr 1998 die Schweizerin Natascha Badmann die Konkurrentinnen fast nach Belieben. Die Vorjahressiegerin hat von den 42 deutschen Teilnehmerinnen als erste die Heidelbergerin Katja Schumann zu fürchten.

Artikel vom 21.10.2006