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PFT: Bauern Prämie gezahlt

Pro Tonne Gift-Dünger bis zu 45 Euro - Sonderkommission ermittelt

Von Ernst-Wilhelm Pape
Paderborn/Bielefeld (WB). Im Umweltskandal um die Industrie-Chemikalie PFT müssen auch 20 Landwirte mit strafrechtlichen Ermittlungen rechnen.

Nach Erkenntnissen der neu gebildeten Sonderkommisson (Soko) PFT sollen die Bauern gewusst haben, dass der von ihnen auf die Felder gebrachte Bio-Dünger »Terrafarm« verunreinigt war. Die bei der Polizei Bielefeld gebildete Soko wird bei ihren Ermittlungen vom Landeskriminalamt in Düsseldorf unterstützt.
Die meisten Landwirte aus Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen und Hessen, die in den Jahren 2000 bis 2006 den Dünger der Firma GW Umwelt aus Borchen (Kreis Paderborn) zur Bodenverbesserung eingesetzt haben, hätten »Terrafarm« aber in gutem Glauben gekauft. Die Verwendung des Bio-Düngers hat bereits zur Belastung von Trinkwasser, Ackerflächen, Weidegras und Fischen mit PFT geführt. Die Industrie-Chemikalie wird zumindest als krebsbegünstigend eingestuft.
Landwirte, die den verdächtigen Bio-Dünger auf ihren Feldern verteilt und untergepflügt haben, hätten von der Firma GW Umwelt eine Prämie von zehn Euro pro Tonne erhalten, sagte gestern der Sprecher der Paderborner Staatsanwaltschaft Horst Rürup. Einige wenige Großabnehmer hätten eine höhere Prämie bekommen.
Nach Informationen dieser Zeitung hat GW Umwelt fünf Großabnehmer in Westfalen (vier im Kreis Soest und einen im Hochsauerlandkreis) beliefert. Diesen Landwirten soll eine Prämie von 30 bis 45 Euro pro Tonne gezahlt worden sein. Nach den bisherigen Ermittlungen hätten vor allem die Großabnehmer aufgrund der farblichen Zusammensetzung und des Gestanks eine Verunreinigung des Düngers erkennen können.
Der Dünger war auf 1000 Felder in NRW, Hessen und Niedersachsen ausgebracht worden. Es war aber nicht in jeder Charge PFT enthalten. Die bisher höchsten Konzentrationen in Böden und Gewässern waren im Kreis Soest und im Hochsauerlandkreis, dem Sitz der Großabnehmer, gemessen worden. Allein im Sauerland und in der Soester Börde waren 26 000 Tonnen des Bio-Düngers auf 750 Flächen (1640 Hektar) ausgebracht worden. In Ostwestfalen-Lippe wurde der Bio-Dünger auf 78 Flächen (243 Hektar) eingesetzt. Die Flächen liegen in den Kreisen Paderborn (38), Lippe (23), Gütersloh (14) und Höxter (3).
Wie berichtet sitzt GW-Geschäftsführer Ralf W. (37) seit dem 5. Oktober in Untersuchungshaft. Auch gegen den Betriebsleiter der Borchener Firma wird wegen Gewässerverunreinigung und anderer Umweltdelikte ermittelt.
Zu dem Firmengeflecht von Ralf W. zählt auch die Baustoffvertriebsgesellschaft (BVGS) in Bleicherode (Thüringen). Diese Firma hat eine Genehmigung zur Behandlung hochbelasteter Industrie-Abfälle. Die Firma soll diese giftigen Stoffe nicht nur von Unternehmen aus ganz Deutschland, sondern auch aus Belgien und den Niederlanden erhalten haben.
Es gibt erste Hinweise, dass aus Bleicherode Giftstoffe nach Borchen zur Düngemittel-Herstellung geliefert wurden. Diese Zeugenaussagen werden derzeit auf ihre Beweiskraft hin überprüft. Seite 4: Kommentar

Artikel vom 19.10.2006