18.10.2006 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Aufbruch, Wachstum, Verfall

Uraufführung von Gregor Zölligs »Vier Jahreszeiten« am Stadttheater

Bielefeld (uj). Frühling, Sommer, Herbst und Winter dienten und dienen Kunstschaffenden immer wieder als Inspirationsquelle. So auch Gregor Zöllig, der in seiner neuesten Tanztheaterinszenierung »Vier Jahreszeiten« menschliche und zwischenmenschliche Prozesse erkundet, die ähnlich wie in der Natur zyklisch verlaufen.

»Am Anfang war ein weißes Blatt«, sagt Bielefelds Tanztheaterchef, der gemeinsam mit dem Tanzensemble eine Bewegungschoreografie erarbeitet hat, die sinnbildlich den Wandel aufgreift, dem menschliches Leben unterworfen ist. »Uns ging es darum, Bilder, Bewegungen und Bewegungssequenzen zu suchen, die über die Abfolge der Jahreszeiten von Aufbruch, Wachstum und Verfall erzählen«, verdeutlicht Gregor Zöllig.
Für den Winter entstand zum Beispiel eine Choreografie, die Begriffe wie Rückbesinnung, Ruhe, letzte Aktionen, Alleinsein, Abschied nehmen und Erdanziehungskraft widerspiegeln sollen. So entstanden Bewegungsaufläufe, in deren Folge die Körper der Tänzer immer schwerer werden und zum Fallen kommen. Für den Frühling experimentierte die Kompanie mit Daunendecken.
Bei den Proben wurde zudem befunden, dass die vier Elemente Feuer, Wasser, Luft und Erde für den Ablauf der Jahreszeiten von Bedeutung sind.» Ohne ein spezifisches Element einer spezifischen Jahreszeit zuzuordnen, wurden die Elemente in die Inszenierung integriert«, verdeutlicht Dramaturgin Christine Grunert.
Schlicht wie raffiniert greift Bühnenbildner Tilo Steffens die zyklische Komponente auf, indem er eine Wand am Rande der sich unmerklich langsam drehenden Drehbühne aufstellt. »Am Ende des Stücks steht sie wieder an ihrer Ausgangposition. Der Kreislauf könnte von neuem beginnen«, sagt Grunert.
In enger Auswahl mit Kevin John Edusei, dem die musikalische Leitung obliegt, wurde die Musikauswahl getroffen. Neben Benjamin Brittens »Sinfonia das Requiem«, die dem Winter zugeordnet wurde und für Zöllig eine Art Keimzelle bildete, erklingen Werke von Joseph Haydn (»Le matin« aus der 6. Sinfonia), sowie den zeitgenössischen Komponisten Erkki-Sven Tüür (Passion) und Mark-Anthony Turnage (Scherzoid). Letzteres ist eine Auftragskomposition für das New York- und London Philharmonic Orchestra und wurde 2005 uraufgeführt. In Bielefeld wird es erstmals szenisch verwendet und erklingt darüber hinaus in deutscher Erstaufführung. Die Premiere am Samstag, 21. Oktober, im Stadttheater beginnt um 19.30 Uhr.

Artikel vom 18.10.2006