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Vier Mordfälle fordern
Ostwestfalens Polizei

Frauke Liebs kann noch immer nicht beerdigt werden

Von Christian Althoff
Bielefeld (WB). Vier Mordkommissionen ermitteln in diesen Tagen gleichzeitig in Ostwestfalen-Lippe - so viele wie nie zuvor.

»Die Häufung an Mordfällen ist zufällig, aber sie bedeutet natürlich einen enormen Arbeitsanfall für uns«, sagt Erster Kriminalhauptkommissar Hartmut Runte (51). Er leitet im Polizeipräsidium Bielefeld das 18 Beamte starke KK 11, das federführend für die Aufklärung von Kapitalverbrechen in Ostwestfalen-Lippe zuständig ist. »Ohne die Unterstützung durch Kollegen aus anderen Kommissariaten und Dienststellen wären wir personell schnell am Ende. Zumal ja das Tagesgeschäft wie Ermittlungen nach Sexualstraftaten oder Bränden nicht vernachlässigt werden darf«, sagt Runte. Er führt seit der vergangenen Woche die 15-köpfige »MK König«. In der Königstraße von Gütersloh war die Aramäerin Elisabeth Deniz (25) am Dienstag in ihrer Wohnung mit 40 Messerstichen in Kopf und Oberkörper getötet worden.
Seit beinahe einem Jahr versucht die »MK Bentfeld«, den Mord an den Eheleuten Cornelia und Ingo Gratzik aus Delbrück-Bentfeld zu klären. Der Militariahändler (38) und seine Frau (44) waren am 1. Dezember in ihrem Haus erschossen worden, der Täter hatte wertvolle Militaria erbeutet. »In der ersten Zeit nach der Tat hat jeder von uns 60 bis 100 Überstunden pro Monat gemacht«, erinnert sich Hauptkommissar Martin Wowro (41), der Leiter der Mordkommission. 17 Beamte aus Bielefeld und dem Kreis Paderborn standen ihm anfangs zur Verfügung. Inzwischen sind es noch zwölf, und die Arbeitszeiten haben sich normalisiert. »Natürlich haben wir zwischendurch Frustphasen, aber dann ergibt eine Zeugenbefragung wieder einen Ansatzpunkt für weitere Ermittlungen, und unser Jagdfieber ist wieder da«, sagt Wowro, dessen »MK« bis heute 860 Spuren verfolgt hat.
Nur wenige Spuren aber viel Ehrgeiz haben Hauptkommissar Ralf Östermann (49) und die zehnköpfige »MK Liebs«: »Der Fall der ermordeten Krankenpflegeschülerin ist so mysteriös - den will jeder Kriminalist unter allen Umständen klären«, sagt der Beamte. Derzeit wartet die »MK« noch auf die DNA-Analyse des Landeskriminalamtes, mit der die Identität der skelettierten Leiche zweifelsfrei nachgewiesen werden soll. »Vorher kann das Opfer nicht zur Beerdigung freigegeben werden.«
Mit acht Beamten ermittelt in Bielefeld derzeit noch immer die »MK Piepenbrock«. Der Auftragsmord an Frank Welge (41), dem Niederlassungsleiter des Reinigungsunternehmens Piepenbrock, war zwar mit der Festnahme der russischen Geliebten Oxana P. und ihrer Komplizen Ende September geklärt worden, doch vernehmen MK-Leiter Ralf Gelhot und seine Kollegen noch immer Zeugen und werten die Buchhaltung des Unternehmens aus. Bis zum Prozess wollen sie zweifelsfrei nachweisen können, wieviel Geld die Geliebte veruntreut hatte und wann ihr Frank Welge auf die Spur gekommen ist.

Artikel vom 18.10.2006