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Einstein und die Geister der Vergangenheit

Preisträgerin Que Du Luu liest aus »Totalschaden« in der Senner Buchhandlung »Exlibris«


Senne (oh). Auf Neuland begibt sich der Kulturkreis Senne: Erstmals beteiligt sich der Verein als Mitveranstalter an einer literarischen Lesung im Stadtbezirk, die in der Senner Buchhandlung »Exlibris« stattfindet. Bei dieser »Premiere« am Mittwoch, 15. November, um 19.30 Uhr, liest die Autorin und Bielefelder Studentin Que Du Luu aus ihrem ersten Roman »Totalschaden«.
Für diesen wurde ihr vor knapp zwei Wochen auf der Frankfurter Buchmesse der Adelbert-von-Chamisso-Förderpreis zugesprochen. Dass die Auszeichnung, die offiziell am 27. Februar 2007 in München verliehen wird, so kurz vor der Lesung öffentlich wurde, freut den Veranstalter Olaf Bärenwald von der Buchhandlung an der Windelsbleicher Straße 237 ebenso sehr, wie Eberhard Grabe, Geschäftsführer des Kulturkreises Senne. Versprechen sich die beiden davon doch ein zusätzliches Interesse an der Veranstaltung. »Die Lesung mit Que Du Luu ist auch ein ÜGeburtstagsgeschenkÝ, das wir der Buchhandlung machen, die Stefanie Rüschhoff und ich vor zwei Jahren in Senne eröffnet haben«, so Bärenwald.
»Es ist eine anrührende Geschichte über das Erwachsenwerden, melancholisch und doch voller Situationskomik«, schreibt der Verlag Reclam Leipzig, in dem der Erstlingsroman der 32-jährigen Autorin erschienen ist. Im Mittelpunkt steht der 24-jährige Patrick, der - wie die Autorin - in Bielefeld studiert. Nur durch Verdrängung ist es ihm bisher gelungen, sein Leben in eine höchst verletzliche Ordnung zu bringen. Als Zehnjähriger hat Patrick nämlich seinen Vater bei einem Autounfall verloren, weil die Mutter ihm damals ins Lenkrad gegriffen hatte. Um Albert Einstein zu »retten« - denn diesen, ihr Idol, meinte die Mutter mitten auf der Straße stehen zu sehen, als sie den verhängnisvollen Griff tat. Das Auto prallt gegen eine Baum, der Vater stirbt und die Mutter kommt in die Psychiatrie in Bethel.
Weder Einstein noch die Mutter spielen fortan eine Rolle in Patricks Leben - er filtert sie heraus. Als er aber in der Wohnung seiner Nachbarin Barbara ein »Einstein«-Poster an der Wand hängen sieht, gerät der Student in eine tiefe Krise. Die Geister der Vergangenheit holen ihn ein. Zumal Barbara in Bethel arbeitet - dort, wo Patricks Mutter lebt.
Die Autorin hat in »Totalschaden« eigene Erfahrungen verarbeitet. Vor und während ihres Studiums hat sie unter anderem in der Pflege und als Nachtwache in der Psychiatrie gearbeitet.
Que Du Luu ist in Vietnam geboren, hat aber chinesische Wurzeln. Mit ihrer Familie, die 1977 als so genannte »Boat people« aus Vietnam flüchtete, kam sie nach Ostwestfalen, machte in Herford Abitur und studiert nun an der Universität Bielefeld Germanistik und Philosophie. Vor ihrem Roman »Totalschaden« hat Que Du Luu schon etliche Geschichten und Kurzkrimis veröffentlicht. Dafür ist sie inzwischen mehrfach ausgezeichnet worden. 2002 belegte sie den dritten Platz beim Unicum-Literaturwettbewerb, 2003 war sie Siegerin des Düsseldorfer Jazz-Krimi-Wettbewerbs und Preisträgerin (7. Platz) des arte-Kurzkrimi-Wettbewerbs. Den dritten Platz gewann sie beim Kurzstücke-Wettbewerb des Theaters Holzhausen.
l Karten für die Lesung gibt es zum Preis von drei Euro im Vorverkauf in der Buchhandlung.

Artikel vom 18.10.2006