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Keine Hilfe in Sao Paulo

Formel 1-Finale: Michael Schumachers letzter Angriff

Sao Paulo (dpa). Michael Schumacher kann bei seiner fast aussichtslosen Schlussattacke im Titelrennen gegen WM-Favorit Fernando Alonso auf keine Schützenhilfe aus dem deutschen Formel-1-Lager hoffen.

»So sehr ich Michael die WM gönne - eine Überdosis Bruderliebe würde Toyota nicht akzeptieren«, stellte Ralf Schumacher klar, dass trotz des Karriereendes seines Bruder beim »Großen Preis von Brasilien« die eigenen und die Interessen seines Teams Vorrang haben. BMW-Pilot Nick Heidfeld versicherte: »Wenn Michael mir zehn Millionen Euro gibt, mein Privatchauffeur wird und überall erzählt, dass ich der beste Fahrer der Welt bin - nicht mal dann würde ich ihm helfen.«
Für BMW-Motorsportdirektor Mario Theissen verbietet sich eine Unterstützung schon aus sportlicher Sicht. »Von uns wird es keinen Funkspruch an die Fahrer geben! Außerdem ist ein geschenkter Platz eines sieben- oder achtmaligen Weltmeisters unwürdig«, sagte er. Mercedes-Motorsportchef Norbert Haug argumentierte ähnlich: »Mir ist ein Silberpfeil-Sieg natürlich viel näher als Michaels achter Weltmeister-Titel.« Aber ein Michael Schumacher, so Haug, der wolle auch gar keine Hilfe.
Williams-Pilot Nico Rosberg ist es trotz großer Sympathien für seinen Landsmann »total wurscht, wer den Titel holt«. Da es aber auch für ihn in Sao Paulo nach zuletzt enttäuschenden Ergebnissen um einiges geht, würde er Schumacher schon aus Eigeninteresse »nie und nimmer freiwillig überholen lassen«.
Allerdings würde Schumacher wohlwollende Unterstützung anderer Fahrer beim Saisonfinale am Sonntag (Start: 19.00 Uhr/RTL und Premiere) auch kaum etwas nützen. Wegen seines Riesenrückstands von zehn Punkten sowie der Zuverlässigkeit und Stärke seines Renault-Rivalen kann eigentlich nur noch ein Wunder auf der WM-Zielgeraden den Weg zum achten Titel frei machen. Der Ferrari-Star aus Kerpen muss das Rennen unbedingt gewinnen und Alonso darf keinen Zähler holen, sprich höchstens Neunter werden. Nur in diesem - für den Deutschen - Idealfall würde Schumacher bei Punktgleichheit (beide dann 126) dank eines Sieges mehr (8:7) doch noch sensationell Weltmeister.
»Um ehrlich zu sein, glaube ich nicht mehr an die Meisterschaft«, hat Schumacher den Traum, sich mit dem achten Titel in den Renn-Ruhestand verabschieden zu können, zumindest in seinen offizielen Erklärungen aufgegeben: »Die Chance ist gleich Null.«
Schließlich weiß der 37 Jahre alte Routinier, dass Renault mit Ferrari die geringste Ausfallquote hat. Da Alonso und Renault dank des komfortablen Vorsprungs kein Risiko eingehen müssen, ist die Wahrscheinlichkeit für ein technisches Versagen bei den Blauen sogar geringer als bei den Roten, die voll auf Angriff setzen müssen.

Artikel vom 18.10.2006