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Gazprom drängt nach Deutschland

Beteiligung an deutschen Energiekonzernen und Stadtwerken geplant

Berlin (dpa). Der russische Erdgaskonzern Gazprom ist auf der Suche nach Wegen zu einer direkten Beteiligung an deutschen Energiekonzernen und Stadtwerken, berichtet die »Welt am Sonntag«. Gazprom plane, über die Stadtwerke ein eigenes Vertriebsnetz aufzubauen.

Man wolle in das Geschäft mit Endkunden »an deren Gasherd« einsteigen, sagte ein Vertrauter des Gazprom-Chefs Alexei Miller der Zeitung.
Der Energieriese hatte erst in der vergangenen Woche mit seinem Einstieg als neuer Hauptsponsor beim Fußball-Bundesligisten FC Schalke 04 (das WESTFALEN-BLATT berichtete exklusiv) für Schlagzeilen gesorgt.
Der weltgrößte Erdgasproduzent habe bereits mit mehreren deutschen Stadtwerken gesprochen. »Wir wissen, dass Gesprächsbereitschaft besteht«, sagt Sven Becker, Geschäftsführer des Aachener Energieverbundes Trianel, eines Zusammenschlusses von 30 Stadtwerken. Allerdings habe es keine direkten Kontakte gegeben. Kooperationen mit den Russen seien möglich: »Wir sind daran interessiert, Importverträge abzuschließen«, sagte Becker.
Der »Focus« schreibt unter Berufung auf Unternehmenskreise, der Staatskonzern habe die Energiekonzerne RWE, RAG und EWE ins Auge gefasst. Bei der Essener RWE wollten zahlreiche Kommunen, die bisher noch 30 Prozent der Aktien halten, ihre Anteile zu Geld machen. Hier könnte Gazprom Pakete übernehmen. Die Russen erwögen zudem, sich beim Mischkonzern RAG (ehemals Ruhrkohle) im Zuge des geplanten Börsengangs zu beteiligen.
Bei EWE, dem fünftgrößten deutschen Energie-Unternehmen mit Sitz in Oldenburg, wolle Gazprom den Streit unter den diversen Anteilseignern nutzen: Landkreisen und Städten in der Ems-Weser-Elbe-Region, schreibt »Focus«. Nach diesen Informationen gab es bereits ein Treffen zwischen Gazprom-Managern und Kommunalvertreten über einen möglichen Einstieg des russischen Konzerns.
Auch über eine Beteiligung an den Stadtwerken Leipzig seien bereits Gespräche geführt worden, berichtet die »Welt am Sonntag«. Im hoch verschuldeten Leipzig wolle Oberbürgermeister Burkhard Jung (SPD) bis zu 49,9 Prozent der Anteile an den Stadtwerken veräußern. Jung habe dafür aber noch keine Mehrheit im Stadtrat.

Artikel vom 16.10.2006