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Regierung will
Einfluss sichern

Staatseinstieg bei EADS möglich

Hamburg (dpa). Im Bemühen um die Sicherung des deutschen Einflusses auf den Airbus-Mutterkonzern EADS sucht die Regierung in Berlin nach Alternativen zu einem Einstieg des Bundes. Unterdessen hat der Airbus-Betriebsrat mit Streiks gedroht.

Ein vorübergehender Einstieg des Staates in den europäischen Luft- und Raumfahrtkonzern EADS wird nicht mehr ausgeschlossen. Allerdings würden Varianten bevorzugt, die deutschen Interessen mit Hilfe einheimischer Unternehmen in den Konzern zu wahren.
So bemühe sich das Wirtschaftsministerium mit Unterstützung des Kanzleramtes darum, ein Konsortium aus Zulieferern und Ausrüstern zu bilden, die Airbus beliefern, berichtet die »Financial Times Deutschland« heute. »Für das Ministerium ist es vorrangig, private Investoren zu finden«, sagte die Parlamentarische Staatssekretärin im Wirtschaftsministerium, Dagmar Wöhrl (CSU). Das Bundesfinanzministerium arbeite dagegen weiter an einem Konsortium unter Führung der bundeseigenen Förderbank KfW.
Der »Spiegel« berichtet unterdessen, eine Beteiligung des Bundes am Mutterkonzern von Airbus stehe in Kürze bevor. Gespräche der Regierung mit EADS-Aktionär DaimlerChrysler verliefen »reibungslos«. Seit Monaten rede Finanzstaatssekretär Thomas Mirow mit dem Stuttgarter Konzern, der sich von 7,5 seiner 22,5 Prozent Anteile an EADS trennen möchte.
Ein Sprecher von DaimlerChrysler sagte auf Anfrage, die Abgabe der Beteiligung werde »nur in Abstimmung mit der deutschen Regierung geschehen. Dazu gibt es Gespräche, alles andere ist Spekulation, die wir nicht kommentieren.« Berichte über ein Treffen von Bundeswirtschaftsminister Michael Glos (CSU) mit der DaimlerChrysler-Spitze wurden nicht bestätigt. Glos bekräftigte in der »Bild am Sonntag«, »eine Beteiligung der bundeseigenen Kreditanstalt für Wiederaufbau würde die Sanierung erschweren«. »Die Restrukturierung und Sanierung von Airbus muss unter industrieller Führerschaft erfolgen.«
Der bayerische Wirtschaftsminister Erwin Huber (CSU) sagte der »Leipziger Volkszeitung«, »am besten wäre es, wenn DaimlerChrysler seine bisherigen EADS-Anteile behalten würde«. Das sei auch eine Frage von nationalem Interesse. Ein vorübergehender staatlicher Einstieg der öffentlichen Hand sei »nur zum Zweck der Überbrückung« denkbar.
Auslöser der Diskussion mitten in der Krise um die EADS-Tochter Airbus und ihr Prestigeprojekt A380 ist die Verkaufsabsicht von DaimlerChrysler. Bei einer Übernahme der Anteile des Autokonzerns seitens ausländischer Investoren könnte die deutsch-französische Machtbalance gestört werden und - so fürchten Experten - deutsche Airbusstandorte bei Sanierungsmaßnahmen stärker betroffen sein.
Die Airbus-Beschäftigten wollen es nicht soweit kommen lassen: »Sollte es auch nur in einem einzigen Werk zu einseitigen Einschnitten kommen, werden wir an allen deutschen Standorten solidarisch die Folterkammern öffnen, sprich: streiken«, kündigte Konzernbetriebsratschef Rüdiger Lütjen im »Focus« an. In den vergangenen Tagen hatte es vom Unternehmen entschieden dementierte Berichte gegeben, Airbus überlege in Deutschland, mehrere Werke zu schließen.

Artikel vom 16.10.2006