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Die 2. Partie des WM-Kampfes im kalmykischen Elista wird in die Schachgeschichte eingehen als ein Monumentalgemälde, das wahrhaft würdig einer Weltmeisterschaft ist. FIDE-Weltmeister Wesselin Topalov entwickelt einen Königsangriff, unter dem fast alle Großmeister der Weltspitze zusammengebrochen wären. Auch Wladimir Kramnik, Weltmeister im klassischen Schach, schwebt über dem Abgrund, doch Topalov wird das Opfer seiner Nerven.




Slawisch

Weiß: Topalov
Schwarz: Kramnik

1.d4 d5 2.c4 c6 3.Sc3 Sf6 4.Sf3 dc4 5.a4 Lf5 6.e3 e6 7.Lc4 Lb4 8.0-0 Sbd7 9.De2 Lg6 10.e4 0-0 Der Bauernraub 10...Lc3 11.bc3 Se4 12.La3! ist zu riskant. 11.Ld3 Lh5 12.e5 Sd5 13.Sd5 cd5 14.De3 Lg6 15.Sg5 Te8 16.f4 Ld3 17.Dd3 Topalov in seinem Element. Neben dem Angriff gegen h7 droht er bereits 18.f4-f5, z.B. 17...Sf8 18.f5 Db6 (18...ef5?! 19.Df5) 19.f6 oder 17...g6 18.f5! ef5 (18...gf5? 19.Dg3) 19.Db5 Le7 20.e6!. 17...f5 18.Le3 Sf8 19.Kh1 Tc8 20.g4 Dd7 21.Tg1 Le7 22.Sf3 Tc4 23.Tg2 fg4 24.Tg4 Ta4 25.Tag1 g6 26.h4 Tb4 27.h5 Db5 28.Dc2 Tb2 28...Tb3 mit der Idee Db5-d3 ist sicher besser, doch dann wäre uns ein spektakuläres Opfer entgangen: 29.hg6! h5 29...Tc2 ist nun verboten: 30.gh7 Kh7 (30...Kh8 31.Tg8) 31.Tg7 Kh8 (31...Kh6 32.f5 Kh5 33.f6) 32.Tg8 Kh7 33.T1g7 Kh6 34.f5 Lg5 35.Tg5 Df1 36.Sg1. Auch 29...Sg6 geht nicht wegen 30.Dg6 hg6 31.Tg6 Kh7 32.T6g3. 30.g7! Eine prachtvolle WM-Partie. 30...Sh7 verliert: 31.Dg6 Ld8 (bzw. 31...hg4 32.De6 Kg7 33.Dg4) 32.Dh5 Dd7 33.T4g3. 30...hg4 31.gf8D Lf8? Es ist der Defensiv-Crack Kramnik, der den ersten Bock schießt. Richtig ist 31...Kf8 32.Dg6 De2, denn nach 33.Dg4 hat er den verblüffenden Defensivzug 33...Lg5!, der den weißen Vorteil gering hält: 34.Te1 Dc2 35.fg5 (35.Dg5 Te7) 35...Kg7. 32.Dg6? Nein!! 32.Tg4 Lg7 (32...Kh8 33.Th4 Lh6 34.Th6 und matt) 33.Dc7 Df1 34.Sg1 gewinnt doch sofort. 32...Lg7 33.f5 Te7 34.f6 De2 35.Dg4 Tf7 36.Tc1? In Zeitnot noch ein Fehlgriff anstatt 36.Dh5 Tb3 37.Tg7 Tg7 38.fg7. 36...Tc2 37.Tc2 Dd1 38.Kg2 Dc2 39.Kg3 De4 40.Lf4?! Der Bulgare vergeigt die Gewinnstellung. 40.De4 de4 41.Sg5 Td7 (41...Lf8 42.Se6! b5 43.Sg5 ist gut für Weiß) 42.fg7 Tg7 43.Kf4 Te7 44.Ke4 a5 45.d5 ed5 46.Kd5 sichert ihm das bessere Endspiel. 40...Df5 41.Df5 ef5 42.Lg5 42.Sg5 Tf6! 43.ef6 Lf6 44.Sf3 sieht nach Remis aus. 42...a5 43.Kf4 a4 44.Kf5 a3 45.Lc1 Lf8 46.e6 Tc7 47.La3 47.e7 Le7 48.fe7 Te7 49.La3 Te3 ist eine der zahlreichen Pointen in diesem Endspiel. 47...La3 48.Ke5 Tc1 49.Sg5 Tf1 50.e7 Te1 51.Kd5 Le7 52.fe7 Te7 53.Kd6 Te1 (53...Te3!) 54.d5 Kf8 55.Se6? Gut sieht 55.Kd7 aus, z.B. 55...b5 56.Se6 Kg8 57.Kc6 b4 58.Sd4, und der b-Bauer ist gestoppt. 55...Ke8 56.Sc7 Kd8 57.Se6 Kc8 58.Ke7 Th1 59.Sg5 b5 60.d6 Td1 61.Se6 b4 62.Sc5 Te1 63.Kf6 Te3. - Weiß gab auf. Anstatt mit 1,5-0,5 zu führen, liegt Topalov mit 0-2 hinten.




N. Minev,Schachmatna Misl 1974Weiß gewinnt



Lösung der Schachaufgabe von F. Christiaans:

Ein Grimshaw mit dem Schlüssel 1. Le6!, der 2.Tc4 matt droht: 1ÉLd5/Td5 2.Sd3/Se4 matt. Die beiden anderen Paraden 1ÉTd4/Sd6 treffen auf die Blockmatts 2.Tb5/Le3 matt.


Die »Meisterpartie« schreibt der Internationale Fernschachmeister Christoph Pragua.

Artikel vom 21.10.2006