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»Zeit, dass sich was dreht«

Herbert Grönemeyer erlebt Bochums höchste Heimpleite

Bochum (WB/klü). »Viel Glück« wünschte Herbert Grönemeyer seinem VfL Bochum. Er hatte gerade die Mannschaftsaufstellung herausgebrüllt und tippte selbstverständlich auf einen Heimsieg: »Ich bin sicher: Wir gewinnen mit 2:1.«

Der Ehrengast, der seiner Stadt schon vor langer Zeit ein Lied gewidmet hat (»Bochum, ich komm aus dir, Bochum, ich häng an dir«), er war endlich mal wieder hier - in seinem alten Revier.
Seit 1998 lebt der Barde in London, VfL-Manager Stefan Kuntz hatte ihn bei der WM-Eröffnung im Juni überredet: »Herbert, kommen Sie doch mal wieder in unser Stadion und schauen sich ein VfL-Spiel an.« Grönemeyer kam, sah, sang - und unterschrieb sogar einen Mitgliedsantrag. Nummer 4630. Passend zum Titel seines Albums »4630 Bochum« von 1984, unter diesen vier Ziffern ist er ab sofort beim VfL registriert. Kuntz spendierte ihm für das Autogramm ein blaues Trikot. Auf dem Rücken stand natürlich auch 4630.
Die Fans feierten Grönemeyer mit Sprechchören. Zuerst »Herbert, Herbert«, daraus wurde eine halbe Stunde später ein vertraulicheres »Herbie, Herbie«. Denn der bekennende VfL-Fan (»Ich informiere mich in London immer, wie mein Verein gespielt hat«), er gab sogar noch ein Kurz-Konzert: Die legendäre Bochum-Hymne, die immer vor dem Anpfiff gespielt wird, die sang er mit.
Aber das waren sie auch schon, die besten Bochumer Momente an diesem 14. Oktober 2006. Als der Ball rollte, machte nur noch eine Mannschaft die Musik: Werder Bremen. Und Trainer Marcel Koller musste später zugeben: »Werder, das ist eben nicht unsere Klasse.« Es war ein Klassenunterschied. Mindestens einer.
0:6. Die höchste Heimniederlage in der Bundesliga. Nichts lief beim VfL. Die Rote Laterne leuchtet weiter in Bochum. Der »Schuldige«, er war schnell gefunden. Schon in der Schlussphase riefen nicht wenige Zuschauer: »Koller raus!« Eine lautstarke Forderung, die später vor den Kabinentüren wiederholt wurde. Manager Kuntz hat sie selbstverständlich auch gehört. Die Antwort: »Der Trainer steht nicht zur Diskussion.«
Koller darf also bleiben - und will kämpfen: »Wir müssen diese Klatsche schnell wegstecken und hart weiter arbeiten. Dann werden wir auch wieder punkten.« Leicht gesagt, schwer genug wird's. Das glaubt auch der Kapitän. Tomasz Zdebel war restlos frustriert: »Es ist schwer, nach so einer Packung wieder aufzustehen. Wir hatten uns so viel vorgenommen. Dann klappte gar nichts. Die Zuschauer tun mir leid, wir müssen uns bei ihnen entschuldigen.«
Einer kommt so schnell nicht wieder. Das neue Vereinsmitglied Nummer 4630 räumte enttäuscht seinen Tribünenplatz. Nein, mit n'em Doppelpass machte sein VfL an diesem Tag den Gegner nicht nass. Grönemeyers WM-Hit passt dagegen zur Lage in Bochum: »Zeit, dass sich was dreht.«

Artikel vom 16.10.2006