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Werders Weg
führt wieder
steil nach oben

Sechs Tore - nur Klose traf nicht

Von Klaus Lükewille
Bochum (WB). Sechs Volltreffer in Bochum. Der SV Werder Bremen steht erstmals in dieser Saison ganz oben. Und was sagt der Trainer dazu? Nur ein Wort: »Schön!«

So ist er, der Thomas Schaaf. Immer ruhig, immer sachlich. Kühl und kurzum. Allerdings: Ein paar Minuten vorher hatte er sich zu einem für seine Verhältnisse außergewöhnlichen Gefühlsausbruch hinreißen lassen. Der Coach marschierte nach dem Abpfiff in die Kurve und animierte die Werder-Fans zur Welle.
Eine Geste der Erleichterung, denn jetzt weiß Schaaf seine Mannschaft endgültig wieder auf dem richtigen Weg. »Wir hatten keinen guten Saisonstart, da haben wir viel Kritik einstecken müssen«, erinnert sich der Fußball-Lehrer. Aber einer wie Schaaf, der lässt sich durch Niederlagen nicht beirren: »Wir haben weiter an unsere Stärke geglaubt. Es wäre ja verrückt, gleich in jeder kritischen Situation etwas zu ändern. Dann schwächt man die Mannschaft doch nur noch mehr.«
Werder und sein Trainer in der Offensive. Wie immer. Dass bei der deutschen Nationalmannschaft seit den Weltmeisterschafts-Tagen von »Spaß-Fußball« und einer ganz besonderen »Philosophie« gesprochen wird, kann einen wie Schaaf nur erheitern: »Das machen wir in Bremen doch auch. Nur schon ein bisschen länger.«
So wie jetzt wieder in Bochum. Tricks und tolle Tore, der 6:0-Erfolg war die richtige Einstimmung für die Woche mit den so wichtigen Heimspielen. Am Mittwoch will Werder mit einem Sieg die Chance in der Champions League wahren, am Samstag die Tabellenspitze gegen den Titelverteidiger FC Bayern München verteidigen. Wobei Schaaf natürlich weiß: Im Moment hat die Liga-Hitliste keine ganz starke Aussagekraft. Doch der Trainer sieht es für seine Elf so: »Mir ist eben nicht egal, wer oben steht. Wir ziehen daraus noch mehr Motivation und wollen uns da möglichst lange festsetzen.«
Beim Auftritt in Bochum durfte der Trainer erfreut feststellen, dass seine wichtigsten Mittelfeld-Männer immer besser harmonieren. Diego, der Künstler. Und Torsten Frings, der Kämpfer. Der Nationalspieler hatte sich den Brasilianer, der nach seiner Meinung zu sehr als Solist aufgetreten war, vor Wochen ja schon einmal »gekauft« und Fraktur geredet.
Diego, überragender Mann beim 6:0-Sieg, kapierte die Lektion schnell. Sein Urteil über den neuen Arbeitgeber: »Wir haben in Bremen sehr gute Einzelspieler. Aber alle setzen sich auch immer für die Mannschaft ein.« Das hörte Frings gern - und Schaaf sowieso.
Den Trainer erfreute auch, dass sechs verschiedene Schützen die Treffer erzielt hatten: »Das spricht nur für die Geschlossenheit meiner Truppe.« Aaron Hunt, Christian Schulz, Jurica Vranjes, Diego, Clemens Fritz und Naldo: Fast jeder durfte mal, nur einer nicht. Ausgerechnet Bremens Torjäger Nummer 1, er ging leer aus.
Miroslav Klose hat in der laufenden Saison erst zwei Treffer auf seinem Liga-Konto. Seit fünf Spielen wartet er nun schon auf ein Erfolgserlebnis und räumte zunächst leicht angesäuert den Rasen. Er fühlte sich bei einigen Angriffen von den Kollegen »übergangen«. Aber später, nach der Dusche, war der Ärger schon wieder weggespült. Da zählte auch für Klose nur die Tabelle: »Wir sind Erster, das ist wichtig.«

Artikel vom 16.10.2006