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Frau im Kampf gegen Lepra

Die Deutsche Stella Deetjen bekommt einen »Women's World Award«

Von Ira Schaible
Friedrichsdorf/Benares/New York (dpa). Die Begegnung mit einem weißhaarigen Leprakranken in Indien vor 12 Jahren hat das Leben von Stella Deetjen verändert.

Als sich die damals 24-Jährige aus Friedrichsdorf im Taunus auf einer Asienreise in Benares am Ganges vor Magenkrämpfen krümmte, kam der alte Mann auf sie zu und bot ihr Hilfe an. Seither hat das Schicksal der Ausgestoßenen die blonde Frau nicht mehr losgelassen - sie blieb in der heiligen Stadt der Hindus und baute aus dem Nichts eine Straßenklinik für Leprakranke und ein Kinderheim auf. Dafür erhält sie an diesem Samstag in New York von Michail Gorbatschow den »World Hope Award 2006«.
»Die Großzügigkeit dieses Menschen, der ja eigentlich Hilfe brauchte, hat mich tief beeindruckt«, erzählt die 36-Jährige über die Begegnung mit dem Inder. Sie freundet sich mit Leprakranken an, lernt, dass diese von ihren Angehörigen ausgestoßen werden, »ihnen nur der Weg in die Gosse bleibt«. Dieses Erlebnis ist die Initialzündung für ihr Projekt »back to life« (zurück ins Leben). Eine Schweizer Ärztin erklärt ihr, dass Lepra heilbar sei und schenkt ihr 100 Dollar als Grundstock für die Straßenklinik.
Inzwischen wird sie nach ihrem Vornamen Stella der Stern von Benares genannt. Sie blieb in der Stadt am Ganges, in der Millionen Pilger rituelle Bäder nehmen oder ihre Toten verbrennen und deren Asche in den heiligen Fluss streuen - auch als ihr Sohn Cosmo vor sieben Jahren auf die Welt kam.
Viele von Deetjens ersten Schützlingen sind inzwischen geheilt, leben in Häusern und sorgen für sich selbst. Die Klinik hat sie an eine Schweizer Organisation übergeben, um sich dem Aufbau eines Kinderheims zu widmen. Seit etwa einem Jahr zahle sie sich ein Gehalt und sei wieder krankenversichert, berichtet Deetjen, deren Familie nicht unbedingt glücklich war über ihr Engagement. »Meine Mutter hat mich ihre Ängste nicht spüren lassen und mich immer unterstützt«, erzählt sie, während ihr Vater, ein Anwalt, kein Verständnis für ihr Tun habe. Nach Deutschland kommt die 36-Jährige nur noch ein paar Wochen im Jahr, vor allem, um Spenden zu sammeln.
»Das ist eine einmalige Chance«, freut sie sich über die große Ehrung, bei der sie in einer Reihe mit Model Claudia Schiffer und den Schauspielerinnen Sharon Stone, Susan Sarandon und Whoopi Goldberg steht. Denn Deetjens Auszeichnung ist eine von mehreren Kategorien des »Women's World Award«, mit dem Frauen geehrt werden, die sich für Selbstbestimmung, Gleichberechtigung und die Beseitigung von Diskriminierung einsetzen.
»Ich hoffe, dass der Preis die Tür für Lepra aufstößt. Das ist so ein vergessenes Thema«, sagt Deetjen. »Es gibt eben keinen Schauspieler, der sagt: ÝIch hatte es und nun seht her, ich bin geheiltÜ.«
www.back-to-life.com
           www.womensworldawards.com

Artikel vom 14.10.2006