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Schnelle Wagen,
alte Schätzchen

Franz Konrad aus Verl liebt Autos

Von Manfred Köhler
Verl (WB). Er hat nicht nur Benzin im Blut, ihm wurde auch ein Schraubenschlüssel in die Wiege gelegt: Wenn andere im Sandkasten spielten, zog es Franz Konrad in die Werkstatt. Spielzeugautos wollte er nicht - richtige sollten es sein. Bereits mit zehn Jahren baute er seinen ersten Motor zusammen, mit zwölf reparierte er Autos und wusste schon ganz genau, was er werden wollte: Rennfahrer.

Der Traum ist Wirklichkeit geworden - und mehr noch: Heute ist der 55-jährige Verler international erfolgreich im Renngeschäft, als Sportwagenpilot, Unternehmer und Techniker zugleich - mit steigenden Umsätzen. »In den vergangen drei Jahren sogar um 30 bis 40 Prozent«, wie er zufrieden feststellt. Er und sein Rennstall sind mit drei MAN-Sattelschleppern ständig auf Achse, starten international auf allen Kursen mit klangvollen Namen wie Le Mans, Imola, Hockenheim, Monza - auch in Brasilien, in Kanada und vor allem in den USA. Dort hat er 1999 in einem ehemaligen Flugzeughangar eine Filiale seiner Firma »Motorsport Konrad« gegründet und fährt von seiner Werkstatt in Fort Lauderdale aus mit dem riesigen Firmentruck die »America Le Mans«-Rennen an.
Heute hat der agile Rennpilot etwas geschafft, was in Deutschland seines gleichen sucht: Mit seinem kleinen unabhängigen Privatteam bietet er großen Automobilwerken paroli und kann vom Rennsport leben. Bereits seit 1993 fährt Franz Konrad nur noch im eigenen Team. 2001 gelang ihm ein beispielloser Triumpf: Er ließ bei der Amerikanischen Meisterschaft (AMLS) die Fahrzeuge der großen Werke hinter sich. »Ein Riesenhighlight«, sagt er stolz.
Seine Karriere begann, wie es sich für einen Rennfahrer gehört, mit einem Blitzstart: Bereits als junger Bursche zeigte er der Konkurrenz oft und gerne das Hinterrad seines Motorrads und wurde 1966 im zarten Alter von 16 Jahren Österreichischer Motocross-Meister. Und er träumte davon, irgendwann bei der Weltmeisterschaft Gas zu geben.
Als er seine Ausbildung als Kraftfahrzeugmechaniker in der Tasche hatte, hielt ihn nichts mehr im Alpenland. »Das gelobte Land war damals Deutschland«, erzählt er. Und das Tor zur Welt lag für den jungen Mann in Hamburg. Doch da ist er nie angekommen. »Das Geld reichte nur bis Köln.« Statt Rennen zu fahren, jobbte er sich durch die Gastronomie, bis er sich an eine Tante erinnerte, die in Marienfeld die Gaststätte »Deutsches Haus« führte. »Sie hat mich abgeholt«, erzählt er. Und dann nahm das Schicksal seinen Lauf. Er bekam eine Stelle in einer Fiat-Werkstatt, bastelte in seiner Freizeit an einem Rennauto und startete bei Bergrennen, Slaloms und Rundstrecken. »Du bist ein Ass«, staunten Freunde und andere Fahrer über den jungen Mann, der überall an der Spitze mitfuhr, Preise abräumte und bald schon Sponsoren auf sich Aufmerksam machte.
Dem Ass ging bald schon die Luft aus: »Job und Rennen ließen sich nicht miteinander verbinden, ich habe bis in die Nacht hinein gearbeitet.« Er kaufte sich einen Porsche und gründete mit seiner Frau Marion an der Seite eine Firma. Das war die Geburtsstunde von »Konrad Motorsport«. In einer Garage in Gütersloh begann die Erfolgsgeschichte, später zog er nach Verl um. »Die Firma lief gut«, erzählt er. Franz Konrad fuhr von Erfolg zu Erfolg und schaffte 1983 den Durchbruch: Er wurde in der Formel III Deutscher Meister. Porsche und Jaguar klopften in Sürenheide an, und plötzlich hatte er die große Chance, in die Formel I einzusteigen. »Ich habe mich aber für Porsche entschieden und es nicht bereut«, blickt er zurück.
»Ich habe viele Rennen gewonnen, viel Geld verdient und nebenher meine Motorsportwerkstatt betrieben.« 1998 hatte er es geschafft und konnte sich als Selbstständiger allein dem Rennsport verschreiben. »In unserer Werkstatt werden nur noch Rennfahrzeuge fertig gemacht«, freut er sich. 10 000 Quadratmeter Firmenfläche nennt er sein eigen (davon 3800 Quadratmeter Hallen und 500 Quadratmeter Büro). Zehn feste Mitarbeiter beschäftigt Franz Konrad, hinzu kommen acht bis zehn Aushilfen, wie etwa Ingenieure und Elektroniker. Gemeinsam mit zwei weiteren Fahrern, Wolfgang Schrei und Hannes Neuhauser, startet er auf Konrad-Porsche und Saleen. Auch wenn die Augen immer noch scharf wie die eines Adlers sind, die Reflexe stimmen und das Fahren Spaß macht: »So langsam denke ich ans Kürzertreten«, gibt er zu. Statt von Rennen zu Rennen zu eilen, dazwischen die Welt aus dem Flugzeug zu betrachten und die Lücken mit Telefonaten zu füllen, würde er gerne in Ruhe mit Ehefrau Marion ein bisschen umherreisen, die Firma gelassener leiten, Nachwuchsfahrer aufbauen, endlich mal Lehrlinge ausbilden und auf jeden Fall seiner Liebe zu ganz besonderen Autos treu bleiben: Da warten noch von ihm gebaute Renn-Oldtimer, mit denen er sogar gegen Michael Schumacher Rennen fuhr, auf ihre Wiederbelebung. »Die Autos sind eine Art Alterversorgung für mich«, meint der Rennfahrer lächelnd. Sogar zahlungskräftige Sammler aus Asien hätten bereits bei ihm angeklopft.

Artikel vom 21.10.2006