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Preiserhöhung
verschleiert

Trickserei mit Verpackungsgrößen

Von Björn Kaps
Hamburg (WB). Demnächst muss der Verbraucher schon ganz genau hinschauen, ob nicht statt eines Liters Milch nur noch 900 Milliliter in der Milchpackung sind, die er sich in den Einkaufswagen legt.

Am 25. September haben sich die EU-Wirtschaftsminister geeinigt, dass es in Zukunft keine einheitlichen Verpackungsgrößen für Grundnahrungsmittel in der EU mehr geben soll. Allerdings nutzen schon heute nicht wenige Unternehmen die Möglichkeit, die Füllmengen ihrer Produkte klammheimlich zu verringern. Damit erhöhen sie natürlich indirekt die Preise ihrer Produkte, ohne dass dieses für den Verbraucher beim Einkauf erkennbar wird. So reduzierte Müller Milch den Inhalt seines »Müller Drink« von 500 auf 440 Milliliter - bei gleichbleibendem Preis. Und wer eine Packung »Pringles«-Chips kauft, findet jetzt nur noch 170 anstatt 200 Gramm in der Dose. Damit dem Verbraucher nicht gleich ins Auge fällt, dass auf einmal mehr als 20 Prozent weniger in der Dose ist, hat man die Chips einfach ein bisschen kleiner gemacht.
Die Verbraucherzentrale Hamburg veröffentlicht im Internet eine lange Liste, die beispielhaft zeigt, wie verbreitet solche versteckten Preiserhöhungen sind. Auch Firmen aus der Region nutzen diese Taktik der indirekten Preiserhöhung. Bei den »Filtertüten classic« des Mindener Melitta-Konzerns sind beispielsweise bei gleichem Preis nur noch 80 statt 100 Filtertüten in der Packung. Und das »Vitalis Müsli« von Dr. Oetker enthält nur noch 600 statt 750 Gramm Frühstücksflocken.
Besonders dreist ist die Reduzierung der Füllmenge, wenn die bisherige Verpackungsgröße trotz Inhaltsminderung einfach beibehalten wird. Bei den »baby dry« Windeln der Firma Pampers und den Feuchttüchern der Firma Kleenex muss der Kunde schon sehr genau hinschauen, um zu erkennen, dass sich in der Verpackung auf einmal weniger befindet, als er bisher für den gleichen Preis bekommen hat. Manchmal sind die Packungen zwar etwas kleiner geworden, doch wer erkennt das schon beim Griff ins Supermarktregal. Dem Verbraucher bleibt bei dieser gezielten Vertuschung häufig nichts anderes übrig, als vor dem Kauf im Kleingedruckten die Mengenangabe genau zu prüfen.
Die nun geplante EU-weite Liberalisierung der Verpackungsgrößen bei Grundnahrungsmitteln wie Milch, Mehl oder Zucker, die der Sprecher des Hauptverbands des Deutschen Einzelhandels (HDE), Hubertus Pellengahr, als Mittel zum Bürokratieabbau lobt, wird den Trend zur Intransparenz fortsetzen. Die Verbraucherzentrale Hamburg sieht in der geplanten EU-Regelung einen Nachteil für den Normalkunden und fordert das EU-Parlament auf, die Neuregelung abzulehnen.

Artikel vom 13.10.2006