13.10.2006 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Ein wichtiger
Mosaikstein

»Mo« Stricker ist Arminias Chefscout

Von Jörg Manthey
Bielefeld (WB). Seine Tätigkeit beim DSC Arminia als Chefscout und Leiter der Sichtungsabteilung fordert von Mark Oliver Stricker vor allem Mobilität. »Im Schnitt bin ich am Wochenende in Sachen Spielanalyse oder Spielersichtung zehn bis zwölf Stunden auf der Autobahn unterwegs«, sagt der 34-Jährige, der sich seit Dezember 2005 Fußball-Lehrer nennen darf. Als einziger im Verein neben Reinhard Saftig.

So wie heute Abend beim Bundesligaspiel FSV Mainz 05 - Alemannia Aachen ist »Mo« Stricker oft live vor Ort für die Profiabteilung im Einsatz. Seine mehrseitigen detailliert ausgearbeiten Notizen sind ein wichtiger Mosaikstein für Thomas von Heesens Vorbereitung. »Co« Frank Geideck nehme zwar zusätzlich eine Videoanalyse vor, »doch vieles bekommen die Kameras nicht mit. Welche Spielzüge hat der Gegner einstudiert? Wie stehen die Teams bei Standardsituationen im Rückraum? Über welche Seite kann am besten ein Konter eingeleitet werden?« spricht Stricker aus der Schule. Die gewonnenen Erkenntnisse gelte es auf die Stärken und Schwächen des eigenen Teams und in Ideen für einen »Schlachtplan« umzumünzen. Manchmal klappt's, wie beim jüngsten DSC-Streich gegen die Bayern. Im Vorfeld beobachtete Stricker die Münchner in Bochum und gegen Moskau. »Die hatten kurzfristig van Bommel verpflichtet, da mussten wir nochmal reagieren.« Topklubs zu durchleuchten sei ohnehin leichter. »Die spielen einfach strukturierter und treten mit einem anderen Selbstbewusstsein auf. So eine Mannschaft wie Bayern München kümmert sich so sehr nicht darum, wie der Gegner spielt,« meint Stricker. Auch den SC Pfullendorf hatte der Fußball-Lehrer vor dem Pokal-K.o. zweimal gesichtet, in Siegen und gegen Reutlingen. »Da ist es halt nicht so gut gelaufen,« lächelt Stricker gequält.
Ein normales Wochenendpensum in seinem DSC-Dasein: der Aperitif ist am Freitag das DFB-Pokalspiel VfL Osnabrück - Eintracht Braunschweig. Tags darauf führt die Tour erst zum U 13-Stützpunktpokal nach Kaiserau, im Anschluss geht's weiter zum DFB-Pokalspiel RW Essen - SC Cottbus. Die nächste Station ist der U 13-Stützpunktpokal in Duisburg-Wedau. Am Sonntag steht zunächst wieder Kaiserau auf dem Programm. Hinterher wird ein A-Jugend-Bundesligaspiel beim VfL Bochum beobachtet, zumindest die zweite Halbzeit. Am Nachmittag beschließt der Besuch einer Oberligapartie im Ruhrpott den Sonntag.
Stricker ist ein Teamspieler und lobt deshalb die »sensationelle Kooperation« mit den Arminia-Nachwuchstrainern, deren Aus- und Fortbildung ihm sehr am Herzen liegt. Nicht selten nimmt er junge Kollegen mit zu Sichtungsterminen, um ihnen wertvolle Erfahrungswerte zu vermitteln. Als »Riesenbereicherung« empfindet er das Mitwirken Detlev Dammeiers im Jugendbereich.
Ein Pflichttermin für Bundesligasichter war der kürzlich in Wedau durchgeführte U 21-Länderpokal. »Ein Sammelbecken von Spielervermittlern und Vereinsvertretern,« so Stricker. Drei, vier »interessante Kandidaten« habe der DSC herausfiltern können.
Die erste maßgebliche Sichtung überhaupt seien die Hallen-Westfalenmeisterschaften im D-Jung-Bereich am ersten Januar-Wochenende mit dem Topspielern aus 28 Kreisen Westfalens. »Von den besten 20 dort siehst du 18 in der A-Junioren-Bundesliga wieder, die Hälfte kommt später zu Einsätzen in der 1. und 2. Liga.«
Auch die »wissenschaftliche Begleitung« obliegt Strickers Ressort. »Wir haben mit unseren C- und D-Jugendlichen einen DFB-Test durchgeführt,« erklärt der Altenhagener. Fußballspezifische Übungen wie ein Dribblingparcours, zielgenaue Torschüsse, Passan- und Mitnahme und mehr wurden zu objektiven Daten ausgewertet. Gleiches gelte für eine Kooperation mit der Universität Paderborn, die einen neuen fußballspezifischen Test mit anderen Komponenten wie Handlungsschnelligkeit entwickelt hat. »Beide Tests haben zu interessanten Ergebnissen geführt. Wir wollen sie möglichst jedes halbe Jahr durchführen. Das ist eine gute Hilfestellung für die Übungsleiter, um individuelle Trainingsempfehlungen auszusprechen.«
Gmeinsam mit Sebastian Scherer (U 16) überarbeitet Stricker derzeit Arminias Jugendkonzeption. Dabei wird ein neuer roter Faden geknüpft. Der 34-Jährige ist zudem Ansprechpartner für Stützpunkttrainer und profitiert dabei heute von seiner ehemaligen Tätigkeit im Verbandstrainerstab, die ihm viel Kontakte einbrachte.
Strickers Aufgabengebiet von der U 23 bis zu den Kleinsten ist breit gefächert und wird bei anderen Klubs durchaus »von mehreren Leuten bestückt,« weiß er. Bei allem Stress bereite es ihm viel Spaß, Entwicklungen einzuleiten. Seit er im April 2005 von Karl-Heinz Koberstein als U 17-Coach ersetzt wurde, hat »Mo« Stricker nicht mehr auf der Bank gesessen. »Im ersten halben Jahr hat's noch gejuckt. Aber ich denke, in meiner jetzigen Funktion bin ich für den DSC Arminia viel wertvoller und kann viel mehr einbringen, als wenn ich Trainer wäre.«

Artikel vom 13.10.2006