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Ostwestfalen-Lippe ganz oben

Lasst andere ruhig ihre Nasen hoch halten: OWL wächst mit den Aufgaben


Von Bernhard Hertlein
Wir in Ostwestfalen-Lippe -Êwer sind wir eigentlich? »Wir san wir«, sagen die Bayern und sind stolz auf diese spezifische Mischung aus Laptop und Lederhosen, aus BMW und Zugspitze. »Wir Hamburger«Êlassen uns dagegen in Sachen Weltoffenheit und Toleranz nichts vormachen. »Wir Berliner« sind die Hauptstädter und haben damit per se ein Recht auf die größten Partys, die interessantesten Events und die höchsten Subventionen. »Wir Düsseldorfer« tragen die Nase so hoch, dass sogar der Kölner Dom darunter Platz findet. »Wir Hessen« waren schon in der Geschichte immer vorn. Und selbst »wir Ostfriesen« fühlen uns als Einheit -Êund sei es zur Abwehr dieser lächerlichen Witze, mit denen der Rest der Republik so gern über uns herzieht.

Aber »wir Ostwestfalen«? Wir Lipper? Wir Ostwestfalen-Lipper?

Das Wir-Gefühl ist den Menschen in OWL nicht angeboren. Was hat der protestantische Bielefelder mit dem katholischen Paderborner schon gemeinsam? Was der Mühlenkreisler mit dem geizigen Lipper? Der Bertelsmann-Manager mit dem Landwirt in Höxter? Der Arminia-Fan mit dem MARTa-Besucher?

Schon der Name der Region ist ein echter Stolperstein. Die Verbindung »Ostwest« gibt es sonst eigentlich nur in dem einen Wort »Ost-West-Konflikt«. Und dann folgt auch noch dieses Anhängsel »Lippe«, das alles andere als ein Anhängsel sein will und bei jeder passenden oder unpassenden Gelegenheit auf seine Eigenständigkeit pocht.

Und doch: So wie niemand es für möglich gehalten hat, dass sich der Ost-West-Konflikt auf friedlichem Wege auflösen könnte, so sind auch die Menschen in der Bindestrich-Region Ostwestfalen-Lippe zusammengewachsen. Die Außenwelt spürt das. Man merkt es unter anderem an der gewachsenen Leichtigkeit, mit der Radio- und Fernsehsprechern heute das Wort Ostwestfalen-Lippe schon von den Lippen geht.

Jeder wächst mit seinen Aufgaben. Das Zusammengehörigkeitsgefühl der Ostwestfalen-Lipper wuchs mit dem selbstgesteckten Ziel, die Vorzeigeregion für Bürokratieabbau in Deutschland zu werden. Keine leichte Aufgabe, denn hinter jeder Verordnung steht mindestens einer, der davon proftitiert -Êund sei es, dass die Kontrolle der Vorschrift seinen Arbeitsplatz sichert.

Aber große Aufgaben schrecken die Menschen in OWL nicht. Können diese nicht in einem schnellen Zug gelöst werden, dann spaltet man sie eben in kleine Häppchen auf. Beharrlichkeit scheint im Ostwestfalen und Lipper genetisch veranlagt. Die Römer wurden schließlich vor knapp 2000 Jahren in dieser Region auch nicht an einem einzigen Tag besiegt.

Heute hat es OWL geschafft. Wann immer nach positiven Beispielen für Verordnungen gesucht wird, die ausgesetzt oder gar abgeschafft werden sollen, schaut man im Rest der Republik zuerst in Richtung Teutoburger Wald.

Dieser Erfolg macht nicht nur stolz, er sollte sich auch auszahlen. Der Unternehmer, der nach einem Investitionsstandort sucht, weiß, dass er in OWL willkommen ist. Das Gleiche gilt für Manager und qualifizierte Techniker, der sich beruflich verändern oder weiter kommen möchten. Menschen leben überall mit vorgefassten Bildern, die sich nur langsam verändern. Hat sich aber der Ruf, innovationsfreudig und wirtschaftsfreundlich zu sein, erst einmal durchgesetzt, wird es mit der Region, die jetzt schon »ganz oben in Nordrhein-Westfalen« ist, noch weiter aufwärts gehen.

Dass OWL zusammenwächst, merkt man allerorten. Längst gibt es sogar Paderborner, die sich freuen, wenn Arminia den Bayern drei Punkte abnimmt. Und Bielefelder, die sich nicht nur die »Canossa«-Ausstellung in Paderborn ansehen, sondern auch stolz darauf sind, dass überall darüber berichtet wird.

Artikel vom 21.10.2006