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Eklat um Kür
der Elite-Unis

Politiker nicht an Beschluss beteiligt

Bielefeld/Bonn (dpa/WB/mzh). Die beiden Münchener Universitäten und die TH Karlsruhe sind die ersten deutschen Elite-Hochschulen. Diese Entscheidung traf am Freitag eine hochkarätig besetzte wissenschaftliche Jury. Zuvor war es zu einem Eklat gekommen.

Die Politik hatte moniert, sie sei an den Entscheidungen nicht beteiligt worden. Bundesbildungsministerin Annette Schavan und einige Landespolitiker protestierten gegen das Auswahlverfahren. Die gemeinsame Kommission von Deutscher Forschungsgemeinschaft (DFG) und Wissenschaftsrat ließ sich davon jedoch nicht beirren und hob ihre Kandidaten auf den Schild.
In der »dritten Förderstufe« der Exzellenzinitiative, in der das Zukunftskonzept einer ganzen Uni bewertet wird, stellte sich heraus: Der Süden der Republik hat die Nase vorn. München und Karlsruhe können in den nächsten fünf Jahren dank jeweils mehr als 100 Millionen Euro Anschluss an die internationale Wissenschaftselite suchen. Aachen, der einzige NRW-Kandidat im Rennen der besten Zehn, scheiterte zwar, dennoch fließen Millionen nach Nordrhein-Westfalen: in zwei Aachener Exzellenzcluster (Forschungszentren) und in eine entsprechende Einrichtung der Uni Bonn.
Republikweit werden 17 Cluster und - auf der untersten Ebene der Exzellenzinitiative -Ê 18 Graduiertenschulen (Forschungsprojekte für Doktoranden) gefördert. An der Spitze liegt Bayern; der Osten (außer Sachsen) ging leer aus, ebenso Hamburg, das Saarland und Rheinland-Pfalz.
Die Wahl verlief überraschend: Nur wenige Beobachter hatten darauf gesetzt, dass das Süd-Nord-Gefälle in der Bildung so klar zum Ausdruck kommen würde - man hatte Aachen, Bremen oder die FU Berlin auf der Rechnung gehabt. Auch die als »deutsches Harvard« titulierte Uni Heidelberg galt als sichere Bank.
Bayerns Ministerpräsident Edmund Stoiber sprach von einem »sensationellen Erfolg für Bayern«. Christian Bode, Generalsekretär des Deutschen Akademischen Austauschdienstes, sagte: »Ich wünschte, wir hätten etwas Ähnliches auch für die Lehre.«
Marianne Demmer, stellvertretende Vorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft, meinte: »International konkurrenzfähige Leuchtturm-Unis stehen künftig schlecht finanzierten Hochschulen für die Massenabfertigung von Studenten gegenüber.« Ganz sicher hat die Kür die Ungleichheit der deutschen Hochschulen schlaglichtartig beleuchtet - es gibt Klasse, und es gibt Masse. Der Wettbewerb wird jetzt in voller Schärfe entbrennen.
Das Programm der Exzellenzinitiative ist mit insgesamt 1,9 Milliarden Euro ausgestattet, von denen der Bund 75 Prozent der Kosten trägt und die Länder 25 Prozent übernehmen.

Artikel vom 14.10.2006