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Paderborner entzaubern den Meister von 2004

Basketball: Selbst Garris ist machtlos

Von Hans Peter Tipp (Text)
und Mario Berger (Foto)
Paderborn (WB). »Nimm' den Ball in die Hand, springe ab und mach' ein Dunk«: So einfach wie in einem seiner Songs war es für Basketball-Nationalspieler und Hip-Hop-Künstler Nino Garris bei der Rückkehr in seine Heimatstadt nicht. Mit den Frankfurt Skyliners stand der 27-Jährige am Samstag bei den Paderborn Baskets auf verlorenem Posten.

Dank einer überragenden Leistung im zweiten Spielabschnitt blieben die Punkte mit 76:66 (37:44) am vierten Spieltag der Basketball-Bundesliga (BBL) in der ostwestfälischen Domstadt. Der Neuling schloss damit seine erste englische Woche in der höchsten deutschen Spielklasse mit dem dritten Sieg ab. Als einer der Verfolger des ungeschlagenen Tabellenführers aus Ludwigsburg gelten die Paderborner zurzeit als heißestes Team der Liga.
»Das ist der totale Wahnsinn«, jubelte Baskets-Manager Nima Mehrdadi, nachdem die Paderborner im zweiten Spielabschnitt auf Betriebstemperatur gekommen waren. Mit einem unaufhaltsamen Zwischenspurt vom 37:48 zum 58:56 hatte der Außenseiter die Partie gegen den deutschen Meister von 2004 noch gedreht. Sechs Anläufe zur eigenen Führung blieben beim 52:53 ungenutzt. Als die Spannung schier unerträglich wurde, brach Reggie Golson mit den Punkten zum 58:56 für Paderborn den Bann.
Nun gab es kein Halten mehr - weder auf dem Parkett, noch auf den mit 2900 Zuschauern erneut nicht ganz ausverkauften Rängen. »Zwei Spiele in einem«, hatte Baskets-Trainer Douglas Spradley während der emotionalen Achterbahnfahrt gesehen, in der bis zum Seitenwechsel nur der Paderborner Kampfgeist auf eine spätere Wende hindeutete. Aus einer geschlossenen Baskets-Formation ragten der erst 22 Jahre alte Chris Patton mit 15 Punkten (fast alle nach der Pause) und - einmal mehr - Sergerio »Teddy« Gipson (14 Zähler) heraus.
»Bei uns hat in der zweiten Halbzeit nichts mehr geklappt. Wir haben einfach kein Gegenmittel mehr gefunden«, beurteilte Garris die Wende im dritten Viertel. Der 70fache A-Nationalspieler, der nach neunmonatiger Verletzungspause erst am Anfang seines langen Wegs zurück in die Auswahl des Deutschen Basketball-Bundes steht, erzielte fünf Punkte. Im nicht schlüssigen taktischen Konzept seines Trainers -ƊCharles Barton verzichtete sogar auf ihm zustehende Auszeiten - spielte er am Samstag erstaunlicherweise nur eine untergeordnete Rolle.
Das hatte sich der gebürtige Paderborner anders vorgestellt. »Wir wollten natürlich hier gewinnen - ich ganz besonders«, sagte Garris, dem seine Mutter, sein acht Monate alter Sohn Jaden Romeo und Zwillingsbruder Daniel auf der Tribüne die Daumen drückten: »Aber der Paderborner Sieg ist verdient.«
Seinen Ex-Verein sieht der 1,98 Meter große Basketball-Profi auf einem guten Weg: »Sie haben ein unberechenbares Team - eine echte Zockertruppe. Mal geht das gut, wie jetzt gegen uns, mal nicht. Auf jeden Fall kann diese Mannschaft in der Liga bleiben. Und das freut mich für Paderborn«, sagte Garris, der in den neunziger Jahren in der Paderstadt vom Fuß- zum Basketball fand. Sein erster Trainer hieß Nima Mehrdadi, und später wurde der Coach, der längst zum Freund geworden war, auf Wunsch der Mutter auch zu dessen Berater.
Als Baskets-Manager gilt Mehrdadis Hauptaugenmerk nun aber dem Paderborner Team. Denn die Punktejagd des kecken Korbaufsteigers könnte munter weitergehen: Am Freitag (19 Uhr) geht es zum Mitaufsteiger Ulm, und am kommenden Sonntag (16 Uhr/Eintrittskarten in allen WESTFALEN-BLATT-Geschäftsstellen) kommt mit Oldenburg eine bislang erfolglose Truppe nach Paderborn.

Artikel vom 16.10.2006