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Durchatmen am Lehrstellenmarkt

Bielefeld: die meisten Bewerber in NRW und 14,8 Prozent mehr Verträge

Von Michael Diekmann
Bielefeld (WB). Die Situation auf dem Bielefelder Ausbildungsmarkt hat sich seit Juli spürbar entschärft. IHK-Geschäftsführer Swen Binner: »Keine grundsätzliche Entwarnung, aber deutliche Entlastung.« Die IHK registriert 14,8 Prozent mehr Lehrverträge, das Handwerk 6,5 Prozent mehr. Aktuell kommen im Oberzentrum 359 Jugendliche auf 46 Stellen.

Die spürbare Entlastung dokumentiert nach Aussage von Binner, Handwerks-Ressortchef Elmar Barella und Dr. Peter Glück (Arbeitsagentur) die erheblich verstärkten Bemühungen vor Ort, keinen Jugendlichen unversorgt zu lassen. Größtes Problem: Die in einjährigen Qualifizierungsmaßnahmen untergebrachten »Unvermittelten« stehen zu Beginn des neuen Ausbildungsjahres zusätzlich zu Buche. Weil es sich vielfach um junge Menschen mit schulischen Defiziten, Migrationshintergrund oder fehlender beruflicher Orientierung handelt, sind die Lehrstellen-Akquisiteure in diesen Fällen ganz besonders gefordert. Handeln wollen die Verantwortlichen zudem, weil mindestens 50 Prozent der Betriebe insgesamt immer noch nicht ausbilden, 30 Prozent keine Befähigung haben. Gegenteiliges Beispiel ist die Metallindustrie: Hier bilden 83 Prozent der Firmen in Bielefeld aus (NRW 78 Prozent). Mangels schulischer Leistungen noch unbesetzt sind in Bielefeld nur fünf Metall-Lehrstellen.
Bei der IHK ist man erfreut über die Bilanz in Bielefeld, die deutlich über Regional- und Landesschnitt liegt. Insgesamt 189 Verträge mehr sorgen für einen Zwischenstand von 1470 Stellen. Bis zum Jahresende, verspricht Binner, komme da noch einiges zusammen. Der höchste Anstieg seit Beginn der Neunziger Jahre rekrutiert aus kaufmännischen Berufen. Die 69 Verträge für Verkäufer stehen sogar für plus 50 Prozent. Gegen alle Trends wird in Bielefeld auch im Bereich Papier- und Druckverarbeitung viel mehr ausgebildet. Im Handwerk sind Kfz-Mechatroniker und Metallbauer die Renner. Große Erwartungen richtet man auf die EQJ-Praktika, Einstiegsqualifizierungen im Rahmen des Ausbildungspaktes für theorieschwächere und schulmüde Jugendliche. Allein von August bis September wurde mit 107 abgeschlossenen Verträgen das Vorjahresergebnis im Zeitraum verdoppelt. Externe Maßnahmen, EQJ-Praktika und Berufsvorbereitung sollen am Jahresende niemanden der 1000 zu erwartenden Unversorgt lassen. Glück: »Da ist noch viel Dynamik drin.« Allerdings: Im Arbeitsagenturbezirk Bielefeld gab es mit 6935 Bewerbern so viele wie nirgends sonst in NRW. Und zu oft bleiben Lehrstellen wegen Defiziten einzelner Bewerber am Ende gänzlich unbesetzt.

Artikel vom 12.10.2006