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Griff in Treuhandkonten
endet vor Schöffengericht

Anklage gegen Hausverwalter - Untreue in 447 Fällen

Von Jens Heinze
Bielefeld (WB). Der Geschäftsführer der insolventen Nordpark Hausverwaltungen GmbH wird sich am 21. November vor einem Schöffengericht des Amtsgerichtes Bielefeld verantworten müssen. Die Schwerpunktabteilung der Staatsanwaltschaft zur Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität wirft Christoph N. (35) gewerbsmäßige Untreue in 447 Fällen vor.

Christoph N. soll in der Zeit vom 4. Januar 2002 bis Dezember 2005 zahlreiche Wohnungseigentümer-Gemeinschaften aus dem Bielefelder Raum geschädigt haben. Bis zu seiner Verhaftung Mitte Dezember vergangenen Jahres hatte der Bielefelder eine Hausverwaltungsgesellschaft mit Sitz an der Detmolder Straße 12 gegenüber den Justizbehörden betrieben. Bei den mehr als 1200 einzelnen Untreuehandlungen, bei denen der 35-jährige Kaufmann auf Treuhandkonten der Eigentümer zugegriffen haben soll, ist laut Anklage von Oberstaatsanwalt Ralf Günther ein Gesamtschaden von 560 655 Euro entstanden.
Warum Christoph N. sich von fremden Konten bediente, für die er in seiner Eigenschaft als Hausverwalter Vollmachten besessen hatte, ist bislang nicht geklärt worden. Ob die Überweisungen auf eigene Konten beziehungsweise die Barabhebungen vom Vermögen der Wohnungseigentümer-Gemeinschaften der Finanzierung eines aufwändigen Lebensstils dienten oder ob Christoph N. mit fremden Geld seine GmbH retten wollte, das kann nicht gesagt werden.
Fest steht dagegen, dass der 35-Jährige die Kontrolle über seine zahlreichen Untreuehandlungen verloren hatte. Geld, das er vom Konto einer Eigentümergemeinschaft entnommen hatte, zahlte er mit den Einlagen von den Konten anderer Geschädigter zurück. »Er hat, um ein Loch zu stopfen, andere Löcher aufgerissen«, so ein Ermittler.
Dabei soll es, bestätigte Oberstaatsanwalt Günther, sogar zu Überzahlungen gekommen sein. Im Klartext: Christoph N. zahlte einzelnen Eigentümergemeinschaften mehr Geld zurück, als er vom Konto entnommen hatte. Nun versuche der Insolvenzverwalter, diese Überzahlungen einzuklagen, sagte Oberstaatsanwalt Günther.
Christoph N. befindet sich nach fünf Monaten Untersuchungshaft wieder auf freien Fuß. Die Fluchtgefahr, die am 14. Dezember 2005 zu seiner Verhaftung geführt habe, bestehe nicht mehr, heißt es dazu von der Staatsanwaltschaft.
Zudem hat der Kaufmann 375 107 Euro aus seinem Privatvermögen zur Schadenswiedergutmachung eingesetzt, weitere 24 977 Euro seien auf einem Bankkonto gepfändet worden, berichtete Oberstaatsanwalt Günther. Auch habe Christoph N., der beim anstehenden Prozess auf eine Bewährungsstrafe hofft, bei 25 Vernehmungen nicht nur ein umfangreiches Geständnis abgelegt, sondern auch auf von ihm begangene Taten aufmerksam gemacht, die bis dahin noch gar nicht bekannt gewesen seien. »Mit dieser uneingeschränkten Kooperation hat der Hausverwalter bei der Sachaufklärung sehr geholfen und die Ermittlungsdauer verkürzt«, lobte Günther einen mustergültigen Angeklagten.

Artikel vom 11.10.2006