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Chefwechsel im Airbus-Cockpit

Gallois übernimmt Steuer -Ê Gerüchte über Streiffs Wechsel zu Peugeot

Paris (dpa). Airbus-Chef Christian Streiff wirft nach nur drei Monaten an der Spitze des Flugzeugbauers das Handtuch. Der europäische Flugtechnikkonzern EADS will nach Informationen aus Branchenkreisen den Rücktritt des 52-Jährigen annehmen. Künftig soll EADS-Co-Chef Louis Gallois auch die EADS-Tochter Airbus führen.
Louis Gallois gilt als Mann des Dialogs.

Die EADS-Großaktionäre DaimlerChrysler und Lagardère befürworteten den Rücktritt des französischen Airbus-Chefs, hieß es gestern in Paris. Louis Gallois leitet gemeinsam mit dem Deutschen Thomas Enders den Airbus-Mutterkonzern EADS. Dieser wird künftig alle EADS-Bereiche außerhalb von Airbus verantworten. Dabei geht es um die Rüstung, die Raumfahrt und den Hubschrauberhersteller Eurocopter.
Gallois gilt als Mann des Dialogs. Er zählt mit 62 Jahren in Frankreich zu den erfahrensten Managern öffentlicher Unternehmen. Als Co-Chef von EADS kehrte er zu den Anfängen seiner Karriere zurück, die ihn 1989 an die Spitze des französischen Triebwerksherstellers Snecma brachte, bevor er 1992 Chef des französischen EADS-Vorgängerkonzerns Aérospatiale wurde.
Die Karriere des kahl rasierten und am 26. Januar 1944 in Montauban geborenen Sozialisten verlief ohne Einbrüche und Umwege: Nach seiner Ausbildung an großen Eliteschulen ging der Rugby- und Radsportfreund ins Finanzministerium, bevor ihn der damalige Verteidigungsminister Jean-Pierre Chevènement 1981 in das Forschungs- und 1988 ins Verteidigungsministerium holte. Dann folgten Snecma, Aérospatiale und 1996 die französische Bahn SNCF.
Nach Angaben von Branchenkennern will die Familie Peugeot Streiff als Nachfolger für PSA-Chef Jean-Martin Folz anwerben, der Anfang 2007 in den Ruhestand tritt. Streiff soll sich bereits mit der Familie getroffen haben.
Streiff fehlte offenbar das diplomatische Gespür bei der Umsetzung des Sparprogramms. Zudem wird mangelndes Vertrauen zwischen dem Franzosen Streiff und dem Verwaltungsrat von EADS angenommen. Streiff soll eine stärkere Entscheidungsbefugnis und Autonomie bei der Umsetzung seines Sanierungs- und Kostensenkungsplans verlangt haben. Streiffs »Power 8« genannter Rettungsplan für Airbus habe dagegen »die völlige Unterstützung des EADS-Verwaltungsrates«.
Der Vorsitzende des Airbus-Betriebsrats, Rüdiger Lütjen, stellte sich demonstrativ vor den ehemaligen Airbus-Chef. Streiff treffe keine Schuld an der Lage des Konzerns. »Man kann Herrn Streiff ja nun wirklich nicht vorwerfen, dass er mit irgendeinem Vorgang bei Airbus etwas zu tun hatte«, sagte Lütjen im Deutschlandradio Kultur.
Streiff hatte im Juli Gustav Humbert abgelöst, der nach einem Jahr im Amt in Folge der Produktionsprobleme beim A380 gehen musste.

Artikel vom 10.10.2006