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»Einen Beitrag gegen das Vergessen leisten«

Horst Skopp stellt im Erzählcafé sein Buch vor

Brackwede (nka). Dass die Besucherschaft so zahlreich erschienen war, führte Horst Skopp am Montag im Erzählcafé in aller Bescheidenheit auf den »guten Kaffee« zurück. Er freute sich aber sichtlich über das rege Interesse an seiner kürzlich erschienenen Autobiographie mit Titel »Überlebenschance Pharmazie: Imaginäre Schlösser 1921 - 1950«.
»Warum bringen Menschen ihr Leben zu Papier?«, fragte der Apotheker zu Beginn seiner Lesung und antwortete selbst: »Im Alter möchten sich viele von den bedrückenden Erfahrungen ihrer Vergangenheit befreien, in dem sie diese mit anderen teilen.« Skopp hat sich entschieden, die Jahre seiner Kindheit und Jugend, die teilweise von den Schrecken des Nationalsozialismus überschattet waren, noch einmal bewusst Revue passieren zu lassen und dadurch seine Dämonen zu bannen. »Ich spürte außerdem so etwas wie eine moralische Verpflichtung meinen Mitmenschen gegenüber. Es wird bald nicht mehr viele Zeugen dieser schrecklichen Zeit geben, also wollte ich mein Bestes tun, um einen Beitrag gegen das Vergessen zu leisten.«.
Gewidmet hat Skopp sein Buch »allen gedemütigten, entehrten, entrechteten, gequälten, vertriebenen, geknechteten, mißhandelten und zerbrochenen Menschen«, die von den Wogen eines unnötigen Krieges erfasst worden seien.
Die Autobiografie des gebürtigen Breslauers ist in drei Dekaden unterteilt, die sich mit seiner behüteten Kindheit, der durch die faschistischen Zwänge gezeichneten Jugend sowie der Zeit des Krieges und der Kriegsgefangenschaft befassen.
Dem Publikum im Erzählcafé präsentierte der Sennestädter einzelne Schlaglichter aus allen drei Dekaden, wobei aufgrund des begrenzten Zeitrahmens der Schwerpunkt auf den Erinnerungen aus seiner Kindheit lag. In blumiger Sprache und mit viel Liebe zum Detail hat Skopp die 20er Jahre im schönen Schlesien wieder aufleben lassen. Der fischreiche Winter 1928, die eifrigen Diskussionen der sozialdemokratischen Onkel am Küchentisch und die erste Fahrt zur Ostsee in die Sommerfrische finden hier Erwähnung, genau wie die unvergessenen Weihnachtsfeste: »Unser Baum war immer krumm und hatte kahle Stellen, also bohrten wir Löcher in den Stamm und stopften die Lücken mit zusätzlichen Ästen«, las Skopp unter Gelächter.
Doch auch die Verhaftung des Nachbarjungen und den Zeitzeugenbericht eines jüdischen Schulkameraden verarbeitete er in seinen Memoiren. Vieles davon hat den 85-Jährigen bis heute nicht losgelassen.

Artikel vom 10.10.2006